Nahverkehr:Jedem sein Verkehrsmittel

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Der Verkehrsteilnehmer der Zukunft soll sich individuell mit Bahn, Bus, Leihrädern, Car-Sharing bewegen und immer weniger mit dem eigenen Auto. Dazu soll der ÖPNV weiter optimiert werden

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis will sein Angebot im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in den nächsten Jahren soweit optimieren, dass immer mehr Menschen auf Busse und Bahnen umsteigen und ihr Auto stehen lassen. Möglich machen sollen dies unter anderem eine bessere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger. Zu diesem Zweck lässt der Landkreis gerade seinen Nahverkehrsplan aus dem Jahr 2007 aktualisieren, der die Aufgabe hat, den aktuellen Stand im öffentlichen Personennahverkehr zu dokumentieren, zu bewerten und daraus Ziele und Handlungsempfehlungen für die Zukunft zu formulieren.

Die verschiedenen Verkehrsangebote wie S-Bahn, Regional- und Stadtbusse, Leihfahrräder, Car-Sharing-Angebote, Taxis und Mitfahrzentralen sollen künftig an sogenannten multimodalen Schnittstellen verknüpft werden und dem einzelnen Fahrgast mehr Flexibilität bei der Routenplanung einräumen. Konkret kann das bedeuten, dass er erst mit dem Bus zum S-Bahnhof fährt, mit der S-Bahn weiter und dann an der Ausstiegsstelle ein Leihrad nutzt. So könne jeder Fahrgast "seinen Weg je nach individuellem Reisezweck planen", heißt es in einer Informationsunterlage aus dem Landratsamt an die Kreisräte: Wer einen Einkauf plant, braucht folglich Stauraum für den Transport. Wer sich in seiner Freizeit bewegt, dem geht es um Komfort und Spaß, und auf beruflichen Fahrten sei vor allem die Reisezeit ein wichtiger Faktor. Die Angebote müssten flexibel sein, heißt es in dem Papier, und auf die individuellen Mobilitätsbedürfnisse der Bürger eingehen. Dafür sei eine attraktive Gestaltung der Schnittstellen, also der Plätze zum Umstieg vom einen auf das andere Verkehrsmittel, notwendig.

Nach den Angaben aus dem Landratsamt sind fast 98 Prozent aller Adressen im Landkreis im Einzugsbereich des ÖPNV gut an die öffentlichen Verkehrsmittel angebunden. Dieses bestehende Angebot soll in den kommenden Jahren weiter verbessert werden. In drei Workshops hatten Vertreter aus den Landkreiskommunen und den Nachbarkreisen, der Kreispolitik, des MVV, der Verkehrsunternehmer und der weiterführenden Schulen das Thema diskutiert und waren zu dem Schluss gekommen, dass der Aufbau multimodaler Schnittstellen großes Potenzial im Landkreis hat und zumindest den Zweit- oder Drittwagen in vielen Haushalten ersetzen könnte, langfristig möglicherweise sogar das Auto an sich. Wichtig dabei ist: Damit die verschiedenen Verkehrsangebote auch genutzt werden, müssen die jeweiligen Umsteigewege kurz sein.

Auch für die künftige Gestaltung der Bahnhöfe könnten die Schnittstellen Vorteile bringen, wie eine Untersuchung des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV) am Beispiel des Park-and-Ride-Platzes in Mammendorf zeigt. Der ist vollständig ausgelastet bis überlastet. Die dort geparkten Autos haben jedoch nur durchschnittlich drei bis fünf Kilometer Anfahrtsweg hinter sich. Solche Distanzen könnten gut mit Regionalbussen oder künftig auch mit Leihrädern zurückgelegt werden. Ein Ausbau der Bahnhöfe zu multimodalen Schnittstellen könnte deshalb zur Entspannung der Parksituation beitragen, heißt es in einem Fazit.

Bus, Taxi, Bahn und noch dazu Leihräder sollen Menschen im Landkreis als Ersatz fürs eigene Auto dienen.

Bessere Umsteigeverbindungen und individuelle Lösungen, wie etwa für den Einkauf angepasste Fahrräder...

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

...fließen in die Überlegungen für einen verbesserten öffentlichen Nahverkehr ein.

Für die Regionalbusse, für die der Landkreis zuständig ist, kann eine Optimierung Taktverdichtungen, eine Ausweitung der Betriebszeiten, veränderte Linienführungen oder neue Expressbuslinien bedeuten. Seit Jahren schon wird ständig am ÖPNV-Angebot nachgebessert. In den Workshops wurden noch weitere Wünsche geäußert: zum Beispiel auch kleine Ortsteile und Neubaugebiete oder Badeweiher und Touristenziele an die Buslinien anzubinden, eine bessere Regionalbusverbindung bei benachbarten Orten und zwischen den einzelnen S-Bahn-Linien sowie die Anbindung der Busse an Regionalzughalte zu ermöglichen. Oder eben auch neue Expressbusverbindungen, wie es sie schon in den Landkreis Starnberg gibt, auch in die Nachbarlandkreise Dachau und Landsberg zu schaffen.

Laut dem Personenbeförderungsgesetz sollen zudem sämtliche ÖPNV-Angebote bis 2022 barrierefrei werden. Mit einem einheitlichen MVV-Regionalbusstandard ist dies bereits umgesetzt, nicht aber für die jeweiligen Bushaltestellen in den Kommunen. Dafür will man einen einheitlichen Standard schaffen. Zunächst werden dazu alle etwa 800 Haltepunkte, die es in den Städten und Gemeinden im Kreis Fürstenfeldbruck gibt, erfasst und kategorisiert. Zuständig für deren Ausbau sind die Kommunen, der Ausbau freilich ist teuer. Eine Lösung könnte sein, mit der Umsetzung zunächst bei neu geplanten Haltestellen und in den Ortszentren zu beginnen.

In die Fortschreibung des Nahverkehrsplans müssen nun alle aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen und technische Neuerungen einfließen. Im Herbst ist eine öffentliche Beteiligung zu bestimmten Fragen vorgesehen. Im kommenden Frühjahr soll er fertig sein.

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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