Stjepan Grahovac aus dem damaligen Jugoslawien gehörte zu den sogenannten Gastarbeitern, die in den Sechzigerjahren angeworben wurden. Aus Stjepan wurde in Bayern schnell Stefan, wie ihn seine Freunde nannten. "Wir gehen anschließend zum Stefan", verabredeten sich nicht nur die Judoka nach dem Training regelmäßig in den Ratsstuben im Erdgeschoss des Germeringer Rathauses. 1984 hatte Grahovac das Restaurant übernommen und servierte traditionelle Küche aus seiner Heimat und bayerische Schmankerl - und das an sieben Tagen in der Woche. Einen Ruhetag gab es nicht. "Das ist mein Wohnzimmer", pflegte er zu sagen - hintergründiger Humor inklusive. Ein Wohnzimmer, das in gemütlicher Atmosphäre Platz bot für Familienfeste und Stammtische Germeringer Vereine, für einen Ratsch bei einem Getränk und immer reichhaltigem Essen.
Zu den vielen Gästen, die bei ihm ein- und ausgingen, gehörten seit jeher auch die Germeringer Stadträtinnen und Stadträte. Nach mehr oder weniger anstrengenden Sitzungen kamen sie kurz oder auch länger vorbei, um weiter zu debattieren. "Stefan hat bestimmt viel gehört, aber nie etwas kommentiert und schon gar nichts weitergetragen", erzählt Oberbürgermeister Andreas Haas. In Ilok/Kroatien geboren, arbeitete er zunächst im Germeringer Strickerei-Betrieb Berner als Facharbeiter; aber auch als Küchenbauer, Ausfahrer beim Möbelhaus Grollmus und danach als Kellner. Ab 1972 bediente Grahovac in den Ratsstuben, ehe er dort Gastwirt wurde und es 37 Jahre lang blieb. Mit Freunden gründete er den Verein "Männer helfen", der Germeringer Familien in Not unterstützte.
Die Corona-Krise hatte auch Grahovac schwer getroffen. Viele Wochen saß er allein in seinem "Wohnzimmer" und sehnte den Tag herbei, an dem er seine Gäste wieder begrüßen konnte. Für kurze Zeit klappt das noch. Jetzt sind die Lichter in den Ratsstuben aus und die Stühle hochgestellt. Stefan Grahovac starb am 25. Dezember im Alter von 73 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit. "Ein Stück Germering geht mit Stefan verloren und der einzig wahre bayerisch-kroatische Spitzbua tritt seine letzte Reise an", so OB Haas. Er wird in seiner Heimatstadt Ilok beigesetzt werden.