Nach dem Bürgerentscheid:Zurück in der Steinzeit

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Geschäftsführer der Bohrfirma kritisiert die Puchheimer für ihre Ablehnung des Geothermie-Projekts

Puchheim - Nachdem mehr als 70 Prozent der Wähler in Puchheim beim Bürgerentscheid das Geothermie-Projekt abgelehnt haben, ist die Angelegenheit für Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) erledigt. Der Geschäftspartner ist am Montag auf Tauchstation gegangen. Eine Stellungnahme werde es erst nach der Sommerpause geben, erklärte ein Sprecher der Daldrup & Söhne AG. Curd Bems, der Geschäftsführer der Bohrfirma Exorka, die zu Daldrup gehört, sagte lediglich: "Was die Energiewende betrifft, haben sich die Puchheimer zurück in die Steinzeit versetzt."

Befürworter hatten gewarnt, dass ein privater Investor das Projekt alleine durchzieht, ohne dass die Kommune Einfluss nehmen kann, wenn die Bürger eine Beteiligung ablehnen. Die Stadt wollte 2,5 Millionen Euro in eine gemeinsame Fördergesellschaft investieren. Weder von Daldrup noch Exorka war dazu am Montag eine Antwort zu bekommen. "Wir nehmen das Ergebnis zur Kenntnis. Nach der Sommerpause gibt es eine Analyse und eine Entscheidung", sagte Falk von Kriegsheim, der Pressesprecher von Daldrup. Auch Bems wollte sich nicht weiter äußern. Er hatte allerdings schon vor dem Bürgerentscheid auf mehrmalige Nachfrage in einer Pressekonferenz ausweichend geantwortet. Kriegsheim verwies auf den Flyer, den das Unternehmen vergangene Woche noch an die Haushalte in Puchheim verteilen ließ. Darin heißt es: "Sonst fällt das Bergrecht an andere Investoren zurück."

Tatsächlich verfügen die Stadt und die Firma noch bis Ende Juni 2019 über den Claim. Spätestens dann könnten andere Investoren das Bergrecht beim bayerischen Wirtschaftsministerium beantragen und würden es wohl bekommen. Seidl wird das Ergebnis der Abstimmung demnächst an das Ministerium melden.

Entscheidend ist immer die Rendite. Die Stadt Fürstenfeldbruck hat ihr Geothermie-Projekt bereits 2009 als unrentabel begraben, bis heute hat sich kein privater Investor gefunden. Wie in Puchheim ist in Bruck ein Fernwärmenetz vorhanden und es wird 80 Grad heißes Wasser im Untergrund vermutet, was für Heizung, aber nicht für Stromproduktion reicht. Germering verfolgt ebenfalls seit mehr als einem Jahrzehnt ein Geothermie-Projekt, hat aber mit Steag Evonik wie Puchheim nur einen potenziellen Partner gefunden. "Einige sind abgesprungen, weil sie es als nicht wirtschaftlich einschätzen", sagte Roland Schmid, Geschäftsführer der Germeringer Stadtwerke. Obendrein müsste ein Fernwärmenetz erst noch aufgebaut werden, dabei wolle man zunächst einzelne Versorgungsinseln aufbauen. "Das ist ein mühsamer Weg", räumte er ein. Bislang existiert eine Insel im Norden, die rund drei Millionen Euro gekostet habe. In Germering wird man das Puchheimer Ergebnis genau analysieren. "Wir werden aber erst mal weitermachen", sagte Schmid.

Eine Analyse des Puchheimer Ergebnisses zeigt, dass das Projekt nicht nur im Altdorf und im Süden in der Nähe des Bohrlochs deutlich abgelehnt wurde, sondern auch in einiger Entfernung im Norden. Zwar lag die Wahlbeteiligung im Süden (40,7 Prozent) und in Puchheim-Ort (fast 38 Prozent) höher als im Norden. In absoluten Zahlen votierten jedoch in den drei nördlichen Wahlbezirken rund 2 500 Bürger gegen die Geothermie, im Süden und im Altdorf waren es etwa 1 770. Selbst im Norden erreichten die Befürworter der Geothermie, ein Parteienbündnis aus CSU, Grünen, SPD und UBP nur ein Drittel Zustimmung. Der Bürgermeister glaubt, dass die Angst vor einem Erdbeben überall ausschlaggebend war. Viele hätten Erfahrungen mit nassen Kellern durch hohes Grundwasser und Regen und wollten das nicht noch mal haben. "Wir sind aus dem Spiel", sagt Seidl und ist auch irgendwie erleichtert. Selbst bei einer Zustimmung wäre der weitere Weg konfliktreich geworden.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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