Gericht:Haftstrafe nach Trunkenheitsfahrt

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Unter Alkoholeinfluss verursacht eine 31-Jährige einen Unfall, bei dem eine Frau stirbt. Nach der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht muss sie nun 18 Monate ins Gefängnis

Von Ariane Lindenbach, München/Fürstenfeldbruck

Unter Alkoholeinfluss verursacht ein Mensch einen Unfall. Dabei kommt ein anderer Mensch, die Mutter von zwei Söhnen, ums Leben. Geschehen ist das vor vier Jahren auf der B2. Die Unfallverursacherin, eine 31-jährige Münchnerin, war damals Alkoholikerin. Seit zwei Jahren ist sie abstinent. Das Amtsgericht in Fürstenfeldbruck verurteilte sie 2014 zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe. In der Berufungsverhandlung am Mittwoch vor dem Landgericht München II will sie eine Strafaussetzung zur Bewährung erreichen. Doch am Ende bleibt es bei der Haftstrafe. Allerdings verhängen die Richter der 9. Strafkammer "nur" ein Jahr und sechs Monate für die fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung.

Wie der Vorsitzende Richter Martin Hofmann in seiner Urteilsbegründung resümiert, war wahrscheinlich ein Blick aufs Navi dafür verantwortlich, dass die Angeklagte im Juni 2013 in einer lang gezogenen Kurve auf der B 2 bei Puchheim auf die Gegenspur geriet und sie in ihrem Skoda frontal mit einem VW-Käfer-Cabrio zusammen stieß. Dessen Insassin, eine 44 Jahre alte Frau aus dem westlichen Landkreis, kam bei der Kollision ums Leben. Die beiden erwachsenen Söhne wurden zu Vollwaisen; Sie sind Nebenkläger, haben aber keine finanziellen Forderungen, wie ihr Anwalt erklärt.

Vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck war die Münchnerin im März 2014 zu der Haftstrafe und einer 22-monatigen Führerscheinsperre verurteilt worden. Dieses Urteil kommentiert Hofmann nun, drei Jahre später, zu Beginn der Berufungsverhandlung so: "Zwei Jahre ohne Bewährung, das ist normalerweise der Klassiker." Die lange Dauer zwischen den Verhandlungen erklärt er unter anderem mit einer zeitweise verloren gegangenen Akte.

"Unser Ziel ist eine Bewährung. Ihr Leben hat sich stabilisiert", beginnt der Rechtsanwalt. Es folgt eine eingehende Befragung der Angeklagten durch den Vorsitzenden. Man erfährt von einer schwierigen Kindheit mit getrennten, lieblosen Eltern und einer alkoholkranken Mutter. Die 31-Jährige berichtet von ihrer Kochlehre, dass sie "immer gearbeitet" habe, nun aber die Branche wechsle, weil es "zu stressig" sei. Mehrere Suchtexperten hatten diese Arbeit für sie ebenfalls als ungünstig beurteilt. Nächsten Montag beginne sie als Teamassistentin. Wie die Angeklagte berichtet, machte sie nach dem Unfall einige ambulante Therapieversuche, Erfolg hatte sie aber erst mit einer stationären Therapie. Seit zweieinhalb Jahren hat sie einen Freund; er ist bei der Verhandlung dabei.

Als sie zu dem Unfall befragt wird, fängt die 31-Jährige immer stärker zu weinen an. Sie hatte am Vorabend, wie immer damals, an die zwei Flaschen Wein getrunken, morgens einen Nachtrunk genommen und war nach einem Nickerchen losgefahren. Zur Zeit des Unfalls hatte sie mehr als zwei Promille Alkohol im Blut.

Ein psychiatrischer Gutachter erläutert, dass die Wirkung von Alkohol sehr von der Gewöhnung abhänge. Sie habe ihre Alkoholisierung nicht gemerkt, "aber sie war alkoholisch enthemmt". Für schuldunfähig hält er die Angeklagte jedoch nicht.

"Sie hat zwei Söhnen die Mutter genommen", plädiert der Staatsanwalt. Er beantragt, das Urteil des Amtsgerichts zu bestätigen; der Anwalt der Nebenklage schließt sich an. Der Verteidiger fordert eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Doch das Gericht sieht die Voraussetzungen dafür nicht gegeben. "Die Gesellschaft, die Rechtsordnung würde das nicht verstehen", sagt Hofmann. Es wurden aber diverse Faktoren, etwa die positive Entwicklung der Angeklagten und die Wartezeit strafmildernd berücksichtigt. Deshalb wurde die Dauer der Strafe verkürzt.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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