Mitten in Puchheim:Scherzkeks Stadtverwaltung

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Scherze gehören zum 1. April, wie Pressemittelungen zu täglichen Arbeit von Journalistin. Warum nicht beides kombinieren, hat sich ein findiger Mitarbeiter des Puchheimer Rathauses gedacht

Von Christian Hufnagel

Nachrichten, die die Redaktion am letzten Märztag erreichen, sind genau auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Ihr gedachter Erscheinungstag steht nämlich seit Jahrhunderten in dem Ruf, ein Festtag für Aufschneider und Scherzbolde zu sein. Wie es dazu kam, dass Lügen an diesem Datum besonders kurze Beine haben, und niemand davor sicher sein kann, Opfer seiner Gutgläubigkeit zu werden, das liegt im Verborgenen. Das Lexikon kann nur auf die erstmalige Überlieferung der Redensart verweisen, die Absicht oder Vollzug einer Hinterfotzigkeit transportiert. Demnach wäre 1618 erstmals in Deutschland jemand "in den April geschickt" worden. Nachahmer hat dieses Tun in allen folgenden Generationen gefunden, so dass man bis heute von einem lebendigen Brauchtum sprechen kann.

So gerät am letzten Märztag eben jeder in den Verdacht, Unredliches im Schilde zu führen. Die Gemeinde Gröbenzell etwa, weil sie vielleicht allzu bürokratisch-trocken mitteilen will, dass Immobilienbesitzer sich eigentlich freuen könnten. So werde der "Einbau neuer Heizungs- und Wohnungslüftungsanlagen mit einem höheren Zuschuss gefördert, wenn es sogenannte Paketlösungen sind". Das Paket haben wir dann doch nicht aufgedröselt, denn der Amtsdeutsch-Alltagssprech klang doch zu vertraut und zerstreute schließlich alle Zweifel. Ähnlich unverdächtig hebt die Pressemitteilung der Stadt Puchheim an. Ihr "Hinweis Verkehrsbehinderung Lagerstraße" lässt langweilige Asphaltflickschusterei oder Kanalreinigungsaktion erwarten. Dementsprechend sachlich beginnt die Nachricht: "Aufgrund von Bauarbeiten für die neue U-Bahn-Strecke" käme es am Freitag, 1. April, zu Behinderungen und Stau. Im unscheinbaren Sprachgewand konnten wir die Scherzbombe dennoch schnell entschärfen. Erst recht, als die Pressemitteilung Stilbruch beging und satirisch vor "seismischen Verwirrungen" warnen wollte, war klar: Eine U-Bahn nach Puchheim hat den gleichen Aprilscherz-Charakter wie etwa vier Zuggleise nach Fürstenfeldbruck.

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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