Mitten in Puchheim:Grüner wird's nicht

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Für die städtischen Liegenschaften wird ein neuer Energieliefervertrag geschlossen. Der Kämmerer entdeckt dabei eine Art Schummelgas

Kolumne von Peter Bierl

Einer von drei Aggregatzuständen der Materie ist die gasförmige Substanz. Die Teilchen bewegen sich frei voneinander in großem Abstand und füllen den Raum gleichmäßig aus. Gas ist flüchtig, kann explodieren und wenn Erdgas zum Heizen genutzt wird, leistet es seinen Beitrag zu Umweltzerstörung und Klimawandel. Beides wiederum wollen die Stadträte in Puchheim vermeiden, was neulich zu einer Debatte führte, als es darum ging, die Gaslieferungen für städtische Liegenschaften neu auszuschreiben.

Diese Gebäude verbrauchen etwa sechs Millionen Kilowattstunden Energie im Jahr. Fossiles Erdgas würde etwa 1,9 Cent je Kilowattstunde kosten, grünes Gas liegt zwischen fünf und acht Cent. Einige Stadträte favorisierten deshalb sogenanntes Öko- oder Klimagas. Dabei handelt es sich um eines jener vielen Produkte, die entstanden sind, seit sich die Erkenntnis durchsetzte, dass Umweltschützer leider recht haben. Statt sie weiter als Kommunisten zu diffamieren, entwickelte man Euphemismen und einen modernen Ablasshandel.

In der Praxis funktioniert das etwa so: Wir verfeuern fossiles Erdgas, beruhigen aber unser schlechtes Gewissen damit, dass wir ein bisschen mehr Geld dafür bezahlen und uns der Verkäufer verspricht, von dem Aufpreis irgendwo ein paar Bäume pflanzen zu lassen. Der Puchheimer Kämmerer Harald Heitmeir nannte das Produkt deshalb "Schummel-Gas". Obendrein seien solche Zertifikate Spekulationsobjekte, deren Preise gerade durch die Decke gingen, merkte er an.

Ramona Weiß (CSU), die stellvertretende Vorsitzende des Energiewendevereins Ziel 21, plädierte deshalb für eine "Mischform" aus fossilem und echtem Biogas, wobei Manfred Sengl (Grüne) mahnte, von letzterem wenigstens einen Anteil von 50 Prozent zu ordern. Andere ignorierten das Gefeilsche und legten sich dafür ins Zeug, ausschließlich richtiges Grüngas zu verwenden. Sie setzten sich mit 22:8 Stimmen durch. Solches Biogas ließe sich heutzutage schon aus Solarstrom herstellen, wusste Max Keil (UBP).

Allerdings ist diese Power-to-Gas-Technologie ziemlich umstritten und gilt als noch nicht wirtschaftlich. Bis es so weit ist, lassen sich Biogasanlagen aber ganz gewiss mit fair gehandeltem zertifizierten Ökomais aus nachhaltiger regionaler Monokultur befeuert. Nicht nur Gerhard Schröder weiß eben, wie man aus Gas Kohle macht.

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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