Mitten in Olching:Vergessener Rücktritt

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Die Gründe für Rücktritte sind fast so zahlreich wie die Zurückgetretenen. Allerdings: Mancher Rücktritt wird schlicht nicht wahrgenommen

Von Florian J. Haamann

Meist sind die Gründe für einen Rücktritt ja gravierend: Da ein Wiesnbesuch mit Freunden auf dem Oktoberfest, hier und dort ein paar vergessene Fußnoten in der Doktorarbeit. Manchmal jedoch kann ein Rücktritt auch etwas Schönes haben. Wie etwa vor wenigen Monaten beim SPD-Kreisvorsitzenden Michael Schrodi. Im April hat der sein Mandat als Olchinger Stadtrat niedergelegt, um mehr Zeit für seine beiden kleinen Kinder zu haben. Den Kreisvorsitz allerdings wollte er in diesem Zuge nicht abgeben. Als richtigen Rücktritt kann man das deshalb nicht bezeichnen, eher als Rücktrittchen. Eine ganz besondere Art des Rücktritts dagegen ist der Blitzrücktritt. Genau 30 Minuten hat es beispielsweise 2012 bei der Vorstandswahl des Kreisverbandes des BLSV gedauert. Der Germeringer Volker Black wurde zwar zum Vorsitzenden gewählt, fand aber niemanden, der mit ihm zusammenarbeiten wollte. Also zog er sich postwendend von seinem Amt zurück und sein zuvor unterlegener Mitbewerber wurde zum Nachfolger gewählt.

Die Königsdisziplin jedoch ist der Rücktritt vom Rücktritt. Wie das geht, hat Axel Lämmle von der Brucker SPD in Perfektion vorgemacht. Nach seiner klaren Niederlage als Bürgermeisterkandidat 2014 kündigte er an, nun auch sein Stadtratsmandat nicht anzunehmen. Natürlich nicht, weil er beleidigt war, sondern aus politischen Gründen. Nach einer kurzen Trotzphase und viel Kritik ist ihm jedoch die Erkenntnis gekommen, dass kein Stadtrat noch blöder ist als Stadtrat trotz Wahlniederlage, und er ruderte zurück. Aufheulen, ins Gespräch kommen, sich opfern. Das sind also die drei Phasen des perfekten doppelten Rückziehers.

Und dann gibt es da noch die Rücktritte, die niemanden interessieren und die deshalb selbst Jahre später noch ignoriert werden. So heißt es in einer aktuellen Einladung aus dem Olchinger Rathaus zur Ausstellung über Spielzeug aus Afrika wörtlich: "Die von Bundespräsident und Schirmherr Horst Köhler empfohlene und unterstützte Ausstellung (. . .)". Bei so einem eklatanten Fauxpas - immerhin ist inzwischen nicht nur Köhler zurückgetreten, sondern auch sein Nachfolger - stellt sich nun ernsthaft die Frage, wie lange die Olchinger Pressesprecherin noch zu halten ist.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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