Mitten in Olching:Und weg war er

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Der bekannteste Erlkönig ist von Goethe, der aktuellste eine Biermarke. Deshalb - und nicht wegen Goethe - gab's in Olching Ärger

Von Erich C. Setzwein

Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte . . ." Durch Eduard Mörikes Zeilen derart eingestimmt, lässt sich das Wochenende mit frühlings-, ja schon fast sommerhaften Temperaturen gleich besser an. "Er ist's" hat der Lyriker als Titel über sein Gedicht geschrieben, und man mag ihm voll zustimmen. Ja, der Frühling kommt und mit ihm all das, was man in den etwas kühleren Tagen zuvor vermisst hat. Draußen sitzen, die Sonne genießen, die Holzkohle im Grill entzünden und mit einem kühlen Bier vorglühen auf den ersten Partyabend draußen.

Die Lust auf dieses Feierabendbierchen wäre den beiden Machern des ersten Olchinger Hellen beinahe vergangen. Julius Langosch und Guido Amendt hatten es sich so schön ausgedacht, als sie ihrem ersten verkaufbaren Sud des naturtrüben Bieres den Namen "Erlkönig" gaben. Unweigerlich denken die, die sich an grausame Schulstunden und einen gewissen Goethe erinnern, an die Ballade vom Erlkönig. Ein Lied, in dem es für einen Buben auf einem Pferd ganz schlecht ausgeht. Andere, die weniger Goethe hatten, fühlen sich an geschickt getarnte PS-Boliden erinnert, die man mal rund um die Autowerke von Maranello oder Zuffenhausen erspäht hat. Doch der bei Goethe nur als Geist, als Lufthauch durch den Wald wehende Erlkönig ist für die Erl-Brauerei in Geiselhöring eine Marke geworden, unter der sie Biere vom Extra-Hellen über den "Imperator" bis zum Radler vertreibt. Dieser Lufthauch hat Olching offenbar nie erreicht, sonst hätten der Brauer und der Marketingfachmann ihr erstes Produkt sicher nicht nach Goethes Ferrari benannt. Die Geiselhöringer jedenfalls haben den Olchinger Jung-Brauern im übertragenen Sinner einen Schluck einschenkt, der wie Sauerbier geschmeckt haben muss. Daraufhin schwenkten die Olchinger zwar die weiße Fahne, aber irgendwie flatterte ein blaues Band durch die Lüfte, und von Goethe ging's zu Mörike. So prangte stattdessen "Frühjahr" auf den Etiketten. Sei's drum. Die ersten 40 Hektoliter sind ohnehin schon ausgetrunken, verschwunden wie der Erlkönig-Geist im Wald.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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