Mitten in Olching:Kuriosum Kreisverkehr

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Sieht noch gut aus, muss aber trotzdem weg: die Bepflanzung am zentralen Olchinger Kreisel. (Foto: privat/oh)

Sie sind mehr als nur Hilfsmittel, um Verkehrsströme zu sortieren, sie zeigen Kunst, manchmal Kitsch und oft Blumen. Die richtige Bewirtschaftung ist jedoch nicht immer einfach

Kolumne von Peter Bierl

Zu einer Zeit, als man Leuten mit unbequemen Ideen eine Übersiedlung in die DDR schon nicht mehr ans Herzen legen konnte, hieß es im Gemeinderat zu Mammendorf, der Kreisverkehr sei ein ungeeignetes Mittel der Verkehrslenkung, weil der Deutsche sich niemals daran gewöhnen werde. Dabei musste man annehmen, dass zumindest Frankreich- und Italien-Urlauber längst gestählt waren. Die Kapitulation der Ewiggestrigen ließ denn auch nicht lange auf sich warten. Bald sprossen Kreisverkehre in Hülle und Fülle im Landkreis aus dem Boden. Kommunen wetteiferten um die meisten, größten und teuersten Versionen, und sie dienten keineswegs bloß dem profanen Zweck, Autolawinen zu sortieren, sondern entwickelten sich zu regelrechten Kultstätten.

In Grafrath wacht ein steinerner Graf Rasso hoch zu Ross inmitten eines Kreisverkehrs, die Gestade jenseits der Amper fest im Blick, von woher einst die Ungarn einfielen. In Germering grasen Holzschafe auf einem Hügel, Symbole gleichsam für die Versöhnung von Mensch und Tier im urbanen Nirwana, und in Puchheim suchen kulturbeflissene Bürgermeister durch moderne Kunst mittelständische Reihenhaussiedlungen und proletarische Viertel aufzupeppen. Weit verbreitet ist die Gestaltung mithilfe von Blumenschmuck. Das allerdings stellt die Bauhofgärtner angesichts der kurzen Vegetationsperioden im Voralpenland vor ähnliche Schwierigkeiten wie die ersten Jäger und Sammler, die versuchten, im Brucker Land fremdländisches Getreide anzubauen.

Der Aufwand ist groß und bringt Verwirrung mit sich. In Olching klagt der CSU-Stadtrat Thomas Bauer über einen Schildbürgerstreich des Rathauses, weil die Blütenpracht im Kreisel in der Stadtmitte kürzlich ausgerupft wurde. Dabei verläuft alles nach Plan, heißt es aus dem Rathaus. Der Bauhof pflanzt im Frühjahr eine erste Garnitur, die vor Pfingsten einer Sommerbepflanzung weichen muss. Warte man länger mit dem Wechsel, verwelken die Frühjahrsblumen, und dann hagelt es Beschwerden wegen Vernachlässigung. Für alle Zeiten und Klimazonen gilt die Erkenntnis: Man kann es nie allen Recht machen.

© SZ vom 22.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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