Mitten in Olching:Exportgut Brauchtum

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In der französischen Partnerstadt Feurs wird erstmals ein Maibaum aufgestellt

Kolumne von Katharina Knaut

Die Geschichte der Freiheitsstatue begann laut Wikipedia eines abends bei einem Festessen in Versailles, 1865. Der amerikanische Bürgerkrieg war in vollem Gange, die Nord- gegen die Südstaaten. Damals äußerte der französische Jurist und Politiker Édouard René de Laboulaye, ein Nordstaatenanhänger, dass in Zusammenarbeit mit Frankreich ein Denkmal zur Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten geschaffen werden sollte. Dies inspirierte wiederum den anwesenden Frédéric-Auguste Bartholdi, den späteren Erbauer: Das Gemeinschaftsprojekt zwischen Frankreich und Amerika war geboren.

Rund 150 Jahre später spielte sich eine ähnliche Szene ab, nur diesmal in Deutschland, genauer gesagt in Olching. Bei einem festlichen Mittagessen vor zwei Jahren äußerte die Delegation der französischen Partnerstadt Feurs, die gerade zu Besuch in Olching weilte, den Wunsch, in der französischen Heimat einen Maibaum aufzustellen. Dies veranlasste den anwesenden Joseph Gigl, Erster Kommandant der Olchinger Feuerwehr, zur spontanen Inspiration und Zustimmung: Das Gemeinschaftsprojekt zwischen Deutschland und Frankreich war geboren.

Also flog Gigl, ähnlich wie Bartholdi damals, im Oktober vergangenen Jahres in das betreffende Land, um die Örtlichkeiten zu begutachten. Die Übereinkunft: Gigl solle sich um die Schilder und die Halterungen kümmern, die Franzosen um den Baum. Schnell wurde jedoch klar: Einen Stamm aus Holz, das wird es nicht geben. In Frankreich sei ein geeigneter Baum schwierig zu bekommen, meint Gigl. Also einigte man sich auf eine (ebenfalls weiß-blaue) Stahlstange. Gigl flog zurück und begann sogleich mit den Arbeiten.

Dann der Anruf Ende Januar aus Frankreich: Man habe nun doch einen 15 Meter hohen Baum erstanden, für 1900 Euro. Gigl fiel aus allen Wolken: "Dazu braucht man ganz andere Halterungen und auch weniger Schilder. Denen war nicht bewusst, wie viel Aufwand das bedeutet." Dennoch: Er gab die neuen Halterungen in Auftrag, die Arbeiten sind abgeschlossen.

Am 30. Mai fahren 15 Beteiligte nach Frankreich, zum Glück nicht per Schiff wie einst Bartholdi, sondern mit dem Feuerwehrbus. Zumindest vier von der Gruppe, die anderen fliegen. "Aber irgendwie müssen wir das Material ja transportieren", meint Gigl trocken. In Frankreich angekommen bleibt dann keine Zeit zum entspannen: Denn am 31. Mai soll der Baum bereits aufgestellt werden. Eine Delegation aus Feurs reist sogar extra am ersten Mai nach Olching "um Erfahrung zu sammeln", erklärt Gigl.

Wenn alles klappt, könnte also bald in Frankreich ein französisch-deutscher Maibaum stehen, aus französischem Holz und mit deutschen Schildern.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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