Mitten in Olching:Die CSU und das Bier

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Es macht schon einen Unterschied, ob man im Suff oder im SUV fährt

Kolumne von Julia Bergmann

Bier ist in Bayern nicht nur Genuss-, sondern auch Grundnahrungsmittel, heißt es. Mehr noch, es ist Kulturgut. Wobei die Liebe der Bayern zum Bier mitunter skurrile Blüten getrieben hat. Man denke nur an Bayerns Ex-Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU). War er es doch, der sich 2008 zu der kühnen Aussage hinreißen ließ, dass ein "gestandenes Mannsbild" mit zwei Maß Bier ohne Weiteres noch Auto fahren könne. Der Aufschrei war groß. Manch einer mutmaßte gar, Becksteins Bier-These selbst sei dem übermäßigen Alkoholgenuss geschuldet. Nachdem die Empörung hohe Wellen geschlagen hatte, kehrte irgendwann wieder Ruhe um den früheren Ministerpräsidenten und das Fahren im Suff ein.

Bis zehn Jahre später eine mindestens ebenso skurrilere Äußerung eine SPD-Stadträtin aufhorchen lässt. Auch dieses Mal kommt der Irrwitz aus Richtung der CSU. Deren Fraktionsvorsitzender im Olchinger Stadtrat, Tomas Bauer, meldet sich während der Diskussion über die neue Stellplatzsatzung zu Wort. Schließlich spricht er, als hätte es den Beckstein'schen Bier-Aufruhr nie gegeben, in aller Seelenruhe über die Relevanz von Suff-Parkplätzen. Während Bauer seine Rede mit seriöser Miene fortsetzt und die Sekunden verstreichen, wächst bei der SPD-Fraktionsvorsitzenden Marina Freudenstein das Unbehagen. Als sie der Rede des CSU-Politikers äußerlich still lauscht, braut sich ihr im Inneren wohl ein lauter Gedankensturm zusammen. Ging es zuvor doch lediglich um Parkplätze, die laut Satzung bald größer werden sollen, muss der Kollege von der CSU noch eins draufsetzen. Und wie groß sollen diese ominösen Suff-Parkplätze eigentlich sein? Die in der Satzung geforderten 2,30 Meter Breite plus die Körpergröße eines "gestandenen Mannsbildes", das es nach zwei Maß Bier zum Schlafen nicht mehr in die Wohnung schafft?

Während Bauer noch spricht, fällt bei Freudenstein der Groschen. Ein gleichermaßen erleichtertes, wie belustigtes "Achso!" dröhnt aus ihrer Richtung durch den Sitzungssaal, "Sie meinen SUV mit V". Nun ist es Bauer, dessen Mimik kurz entgleist. Als auch ihm ein Licht aufgeht, geht sein gespielt empörtes "Ich sprach doch nicht vom Alkohol" im lauten Lachen der Runde fast unter.

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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