Mitten in Olching:Der Weg zur eigenen Mitte

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Bürgermeister Andreas Magg und Landtagsvizepräsident Reinhold Bocklet enthüllen das Denkmal. (Foto: Günther Reger)

Wie eine Stadt nach vier Jahrzehnten zu sich selbst gefunden hat

Kolumne von Julia Bergmann

Meditieren, einen Baum umarmen, öfter mal barfuß gehen und die Natur dabei so richtig spüren: Der Weg zur eigenen Mitte ist gepflastert mit einem Überfluss an gut gemeinten Tipps. Nur so einfach, wie es eine Vielzahl an Lebenshilfe-Ratgebern ihren Lesern glauben machen will, ist es dann doch wieder nicht. Auf dem Weg zur inneren Mitte, zur Ausgeglichenheit, gilt es erst einmal, eine Menge an Schwierigkeiten zu überwinden. Am Anfang des Pfades stehen ja zunächst die existenziellen Fragen. Wer bin ich, Was macht mich überhaupt aus und wo will ich noch hin? Es gilt Zeiten des Zweifels zu überstehen, Ängste zu überwinden und Wut und Ressentiments zu verdauen. Bis der Mensch schließlich ankommen, sämtliche seiner Facetten akzeptieren und seine innere Mitte finden kann. Kaum überraschend, dass dieser Weg mitunter ein ganzes Leben lang andauert.

Für Städte gilt im Übrigen das Gleiche. Wie gut, dass die Stadt Olching ihre eigene Mitte bereits 40 Jahre nach der Gebietsreform, nach ihrer Geburt als neue Großgemeinde, gefunden hat. Nicht nur im übertragenen Sinn. Dazu brauchte es weder Bäume noch Barfußwanderungen. Es brauchte lediglich eine engagierte Mitarbeiterin des Bauamts, die mithilfe der uralten Methode des Triangulierens das geografische Zentrum der Stadt ausfindig machen konnte. Dort, an der Ecke Neufeld-/Max-Reger-Straße, steht nun ein Denkmal, das daran erinnert, was die Stadt seit 40 Jahren ausmacht: Die drei Ortsteile, die ehemaligen kleinen Gemeinden, die 1978 zu einer großen wurden. Ganz so einfach, wie das nun klingt, war es aber doch wieder nicht. Denn das Denkmal erinnert auch an den Weg, den die Stadt zurücklegen musste, um die zu werden, die sie heute ist. An die Kämpfe der Estinger und Geiselbullacher, die anfangs nicht dazugehören wollten. An die Wut, als die Zusammenlegung doch kam, und an die lange Zeit währenden Ressentiments den anderen gegenüber. Schließlich aber brach in Olching die Zeit der Akzeptanz an. Die großen Fragen nach ihrer Identität hat die Stadt mittlerweile geklärt, nach 40 Jahren hat sie ihre innere Mitte gefunden. Wo sie noch hin will, zeigt sich in den nächsten 40.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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