Mitten in Gröbenzell:Schwarz sticht Grün

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Eine abgezockte Partei macht der CSU die Zuständigkeit fürs Brauchtum streitig

Von Stefan Salger

Das Land der Bayern ist von Gott gesegnet. So viel steht schon mal fest. Weitere Konstanten: Der Himmel ist blau, und oben auf den Wolken sitzt Petrus, während unten in den Bierzelten ein Völkchen auf Wolke sieben schwebt, das mehrheitlich vor Laptops sitzt und in den Taschen der Lederhosen CSU-Parteibücher stecken hat. Gestört wird das harmonische Bild hier und da freilich durch eine Handvoll Unruhestifter, es gibt vereinzelt Horte der Unbotmäßigkeit. So wie in Gröbenzell. Die Gemeinde kommt durch die Gnade der geografischen Lage und ohne weiteres Zutun zwar ebenfalls in den Genuss der göttlichen Gunst. Allerdings ist die Welt dort vor fast drei Jahren aus den Fugen geraten, gehört Bürgermeister Martin Schäfer doch einer politischen Randgruppe jenseits des CSU-Universums an. Unter der Ägide seines aufrechten Amtsvorgängers Dieter Rubenbauer konnte gerade noch verhindert werden, dass die aufrührerischen Gröbenzeller und ihr Mann im Rathaus sich mit der Stadtwürde schmücken dürfen.

Nun aber folgt der nächste Versuch, die CSU-Festung zu schleifen. Was auf den ersten Blick spielerisch anmuten mag, ist ein gewaltiger Affront. Es geht ums Schafkopfen. Glaubt man Wikipedia, dann ist dieses Kartenspiel "in seiner heutigen Gestalt als Bayerischer Schafkopf oder Bayerisch-Schafkopf eines der beliebtesten und verbreitetsten Kartenspiele Bayerns." Vor allem aber: "Es gilt als Kulturgut und Teil der bayerischen Lebensart." Na bitte. Und für bayerische Lebensart ist die CSU zuständig. Wer aber veranstaltet am Dreikönigstag das Schafkopfturnier und lobt nach bewährtem CSU-Strickmuster "kleine Sachpreise" für jeden Teilnehmer aus? Ausgerechnet die Wilderer von den Grünen! Immerhin bleibt den Schwarzen ein Trostpreis: Beim Schafkopfen ist es wie im richtigen Leben - in dem die Christsozialen gelassen auf die Fraktionsstärken in den Stadt- und Gemeinderäten verweisen können: Hier wie dort sticht am Ende der Ober den Unter.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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