Mitten in Gröbenzell:Runges 3-G-Erlass

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Gröbenzells derzeit amtierender Bürgermeister Martin Runge wacht über die 3-G-regelung im Gemeinderat. (Foto: Voxbrunner Carmen)

Wie der Vize-Bürgermeister Kritikern schon im Vorfeld Grenzen setzt

Glosse von Gerhard Eisenkolb

Idealerweise sollte ein Gemeinderat bunt zusammengesetzt sein und den Querschnitt der Bevölkerung abbilden. In einem Ort wie Gröbenzell mit 20 000 Einwohnern ist das nicht einfach. Schließlich leben hier wie andernorts auch Querdenker und Impfgegner. Und dieser Personenkreis entspricht nicht unbedingt der Idealvorstellung von einem Gemeinderatsmitglied. Neigen solche Amtsträger doch nicht dazu, sich wie Corona-Leugner bei staatlichem Handeln querzulegen. Ganz auszuschließen ist das jedoch nicht.

Diese Gefahr muss der zurzeit im Rathaus amtierende Zweite Bürgermeister Martin Runge von den Grünen vor Augen gehabt haben, als er kürzlich eine Corona-Anordnung für Gemeinderatssitzungen erließ. Nach dieser müssen sich alle Teilnehmer - Politiker, Verwaltungsmitarbeiter, Bürger - an die 3-G-Regelung halten. Da Runge seine Pappenheimer kennt, verband er die Bekanntgabe der Anordnung an seine Gemeinderatskolleginnen und -kollegen für die Sitzung an diesem Donnerstag mit einem Hinweis, sie sollten ja nicht Kritik und Proteste gegenüber den die 3-G-Regel sichernden Verwaltungsbeamten äußern und sich stattdessen an ihn wenden. Damit auch wirklich niemand auf abwegige Gedanken kommt, setzt er möglichen Kritikern schon im Voraus Grenzen. Es verbiete sich, in die Wortwahl der sogenannten Querdenker und Corona-Leugner einzustimmen, warnt er, Böses ahnend. Wer Runge kennt, weiß, dass er über mehr Autorität und die Wortgewalt verfügt, demokratiefeindlichen Stimmen Einhalt zu gebieten, als der Rathauschef, den er vertritt. Dieser ließ beispielsweise im vorigen Winter in der aktuellen Stunde einen beleidigenden Vortrag aus dem Querdenkermilieu zu, ohne einzuschreiten.

Ebenso beherzt erinnert der Stellvertreter von Martin Schäfer die "impfskeptischen und regelungskritischen Kolleginnen und Kollegen unter uns" daran, dass an acht bis neun von zehn neuen Infektionsfällen Ungeimpfte beteiligt sind. Das ist jedoch nicht der einzige Grund für den Erlass der 3-G-Regel. Zwar gelten für Mitarbeiter und Besucher im Gröbenzeller Rathaus 3-G-Kontrollen, aber Gemeinderatssitzungen sind diesbezüglich ein rechtsfreier Raum und damit ein potenzieller Ansteckungsort. Im Sitzungssaal greifen kurioserweise weder die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes des Bundes noch die Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen des Freistaats. Kommunalpolitiker und deren Zuhörer sind dort aber nur so lange ausgenommen, bis ein Runge die Chance nutzt, beherzt durchzugreifen und von seinem Hausrecht sowie dem Recht zur Sitzungsordnung Gebrauch zu machen. Man muss sich nur zu helfen wissen.

© SZ vom 16.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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