Mitten in Gröbenzell:Einstimmig für die Seenotrettung

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Die Gemeinde hat viele Pflichtaufgaben, die Entwicklungshilfe gehört nicht dazu. Dennoch gibt es Geld für humanitäre Aktionen

Kolumne von Ariane Lindenbach

Entwicklungshilfe ist keine Pflichtaufgabe einer bayerischen Kommune. Doch die Gemeinde Gröbenzell gibt jährlich 10 000 Euro aus, um die Arbeit von Vereinen und Initiativen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Der Gemeinderat hat diesen Beschluss Anfang 2016 gefasst, vor dem Hintergrund der ein Jahr zuvor erlebten Flüchtingswelle. Denn nicht zuletzt ist es der Wohlstand der (vor allem westlichen) Industrienationen, der die Lebensgrundlage vieler Menschen in Afrika und Asien zerstört - zum Beispiel durch seltene Erden im Smartphone, Billigklamotten oder Palmöl in Lebensmitteln, für das Regenwälder abgeholzt werden. Insofern haben die Gröbenzeller Kommunalpolitiker einen vorbildlichen und nachahmenswerten Beschluss gefasst, wenngleich sich die 10 000 Euro bei einem Gesamtetat von rund 38 Millionen ein kleines bisschen relativieren.

Wohltuend unbürokratisch und frei von Kämpfen zwischen den Fraktionen erfolgt die Vergabe des Geldes: Jede Fraktion wird im Vorfeld um Vorschläge gebeten. Bis zur Sitzung des Gemeinderats liegen vor: 1500 Euro für eine Ausstellung gegen Genitalverstümmelung (CSU), eine Unicef-Aktion gegen die Hungersnot in Kenia (FDP, Betrag offen) sowie je 2000 Euro für die Seenotrettung Geflüchteter und ein Projekt für sauberes Trinkwasser (UWG). SPD und Grüne haben keine Vorschläge gemacht, so dass am Ende 4500 Euro für Unicef übrig bleiben.

Bevor der Beschluss aber einstimmig gefasst werden kann, äußert Thomas Eichler (CSU) ausführlich seine Zweifel: Seenotrettung, er wisse nicht, ob das unterstützenswert sei. "Das sind ein wenig die Handlanger der Schlepper", erklärt der Christsoziale skeptisch. Und schlägt vor, mit den 2000 Euro lieber Fluchtursachen zu bekämpfen, statt diese "ein wenig fragwürdige Aktion" zu fördern. "Es kann nicht sein, dass wir Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen als Abschreckung", kontert Dritter Bürgermeister Axel von Walther (SPD). 80 Prozent des Betrages würden ohnehin für die Bekämpfung der Fluchtursachen verwendet, verdeutlicht er und bittet um Einstimmigkeit. Zweiter Bürgermeister Martin Runge (Grüne) berichtet aus dem Landtag, dass alle Fraktionen diesen Menschenrettern auf dem Mittelmeer sehr dankbar seien. Und auch Michael Leonbacher (FW) wirbt dafür. "Ich wollte nur mal ein bisschen meine Bedenken gegen solche Aktionen und solchen Aktionismus äußern. Aber ich gebe zu, meine Vorredner haben mich überzeugt", erklärt der Zweifler von der CSU. Und stimmt mit allen anderen für die Seenotrettung.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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