Mitten in Grafrath:Erst schnell, dann langsam

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Erst wird eine Kreisstraße teuer zur Rennstrecke ausgebaut, und jetzt soll für teures Geld das Tempo wieder reduziert werden

Kolumne von PETER BIERL

Vorher wird Kritik ignoriert, hinterher will's keiner gewesen sein. Das Schema gilt bei den Mammutprojekten dieser Republik wie auch in der Provinz. Auf Geheiß von Landrat und Kreistag wurde anno 2004 die FFB 11 zwischen Grafrath und Mauern ausgebaut, als Zubringer zur Autobahn in Etterschlag. Die Fahrbahn wurde verbreitert auf 6,5 Meter. Das ganze Projekt kostete den finanziell stets klammen Landkreis schlappe 690 000 Euro. Egal, die Hälfte schoss der Freistaat zu. Bei Unteralting musste extra noch eine eigene Abbiegespur eingebaut werden, um Fördergelder einzusacken.

Umweltschützer empörten sich, weil der Agenda-21-Musterlandkreis mal wieder und völlig überflüssig mehr Fläche versiegelte, der Kreis hatte etwa 12 000 Quadratmeter dazu gekauft, die Bewohner in Mauern warnten vor einer Rennstrecke. Der damalige Grafrather Bürgermeister Hartmut Hagenguth protestierte noch bei der Einweihung gegen diesen Unfug. Auf dem westlichen Abschnitt dieser Kreisstraße tat sich erst mal nichts. Fünf Jahre später erneuerte der Nachbarlandkreis Starnberg sein Teilstück von Etterschlag bis zur Landkreisgrenze etwa siebenhundert Meter von Mauern entfernt, ohne aber an der Trasse größere Änderungen vorzunehmen. Aus den Reihen der Fürstenfeldbrucker CSU-Kreisräte kam hingegen die Forderung, das hiesige Teilstück "ordentlich" auszubauen und Kurven zu begradigen. Bis heute ist es bei Flickwerk geblieben, das animiert wenigstens keine Raser.

Was den ausgebauten östlichen Abschnitt betrifft, so sind die Bewohner von Mauern und am Ortseingang von Wildenroth die Opfer der Betonköpfe geworden. Sie haben den Lärm, bei ihnen branden die Raser an, vor allem Motorradfreaks. Seit Jahren wächst der Unmut, und nun hat der Grafrather Gemeinderat 2000 Euro für ein Gutachten ausgegeben. Im Mai, Juni und August wurden der Verkehr gezählt und die Geschwindigkeiten gemessen und dabei drastische Überschreitungen festgestellt. Die Spitze lag bei Tempo 147.

Der Gemeinderat debattierte über den Einbau von Verschwenkungen, Fahrbahnteiler oder einen Kreisverkehr. Das wäre effektiv, aber ein echter Hammer: Erst teueres Geld für eine Rennstrecke rausschmeißen und hinterher noch mal Steuergelder zwecks Verkehrsberuhigung. Dort weist man darauf hin, dass es sich um keinen Unfallschwerpunkt handelt. Na dann.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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