Mitten in Gernlinden:Trinkregeln für Narren

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Wer beim Faschingszug in Gerlinden mitmacht, darf keinen Schnaps trinken. Bier aber schon.

Kolumne von Christian Hufnagel

Nur Narren würden wohl darüber streiten, was denn das Supertollste am heimischen Fasching ist? Etwa junge Frauen mit fliegenden Beinen, die sich adrett kostümieren und flotte Nummern einstudieren, um das Publikum in Verzückung zu versetzen, wie unlängst die Germeringer Showtanzgruppe "Fun unlimited" bei der Präsentation ihres neuen Programms. Oder all die hochadeligen Erhebungen, wenn ganz profanes Menschenvolk plötzlich zu Herrschern über Germering, Fürstenfeldbruck und Olching wird und sogenannte Inthronisationen diese bunte Feudalisierung lustig und launig initiieren. Oder schließlich wenn sich sogenannte Umzüge in Gestalt von verkleideten Fahrzeugen und Fußgruppen durch die Straßen von Olching, Mammendorf oder Gernlinden schlängeln und dabei den Frohsinn wie Konfetti unters Volk schleudern.

Aber jeder Heiterkeitserfolg speist sich aus Regeln. Das Protokoll der "Faschingszugorganisationsbesprechung" in Gernlinden gibt dafür ein wunderbar beredtes Zeugnis ab. Das fängt bei den Wagen an, deren Ausmaße exakt vorgegeben sind: 2,55 Meter breit, vier hoch und 18,75 lang ist maximal erlaubt. Die Geländer, an denen sich die mitfahrenden Narren halten können, sollen mindestens einen Meter hoch sein. Und wer das Volk am Straßenrand beschenken will: "Wurfmaterial gibt es auch vom Veranstalter." Selbiges wird aber nicht näher spezifiziert. Im Übrigen wird es wieder keine Bewertung geben, etwa dergestalt, wer nun mit seinem Motto am besten beim Publikum ankommt. Begründung: "Es soll ein reiner Gaudiwurm werden."

Und zur besagten Gaudi gehört wohl seit Narrengedenken der Alkohol. Den wollen die Gernlindener nicht ausschließen, allerdings im Promillegehalt begrenzen. Schnaps auf den Wagen sei nicht erlaubt und werde eingezogen, lautet die Warnung mit dem Nachsatz, es werde auch Stichproben geben. Allerdings darf ein Stimmungsbeschleuniger seine Wirkung entfalten: "Bier auf dem Wagen ist o.k." Eine Mengenbegrenzung wird nicht genannt. Und so denkt das örtliche Faschingskartell eben an die Folgen übermäßigen Trinkgenusses. Man habe WC-Häuschen aufgebaut, heißt es in der Niederschrift der Sitzung, die auch Auswüchse der Notdürftigen mit einbezieht: "Bitte nicht wild in die Gegend p . . ." Schließlich dürfte die letztgenannte Form der Ausgelassenheit nicht zum Supertollsten des heimischen Faschings zählen. Auch das wird kein Narr bestreiten.

© SZ vom 12.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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