Mitten in Germering:Vom Recht auf Genuss

Lesezeit: 1 min

Wer ins Brauhaus investiert, wird mit Biermarken entlohnt

Kolumne von Erich C. Setzwein

Es gibt ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, ein Recht auf Leben, es gibt ein Recht, seine Meinung sagen zu dürfen, und alle haben das Recht, zu demonstrieren, wenn es ihnen nicht passt. Doch nirgends im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hat jemand ein Recht auf Genuss festgelegt. Es mag daran gelegen haben, dass wenige Jahre nach dem Krieg den Müttern und Vätern unseres Grundgesetzes eher ernüchtert und geprägt von Krieg und Gewalt eher nüchtern und pragmatisch vorgegangen sind. Weil sich in Deutschland die Mehrheit noch nie dem Hedonismus verschrieben hat, ist das Land auch eher für Schwarz- und Graubrot bekannt und nicht für Croissants und Baguette.

Nur die Wirtschaft lässt die Menschen genießen. Und zwar indem sie Genussrechte ausgibt. So zum Beispiel das Brauhaus Germering. Die junge GmbH will jeden über 18 Jahren an ihrer Entwicklung teilhaben lassen, wenn er sich mit mindestens 250 Euro beteiligt. Zinsen gibt es auch, und zwar satte sechs Prozent, die die Europäische Zentralbank nie genehmigen würde. Am Ende des Geschäftsjahres wartet nicht bare Münze auf den Anteilseigner, sondern der Naturalzins in Form von Biergutscheinen.

In Germering haben sie den April nun genutzt, um für das Brauhaus Genussrechte zu verkaufen, und mittlerweile ist der Großteil auch von Förderern der privaten Wirtschaft erworben worden. Das stimmt den Geschäftsführer Daniel Vitt froh, kann er doch zusammen mit seinen zehn anderen Gesellschaftern nun investieren. Zum Beispiel in den Umzug der Brauerei in die alte Molkerei. 100 000 Euro ist das Anlageziel, und wenn der Verkauf der Genussrechte so weitergeht, zum Beispiel am kommenden Sonntag, 5. Mai, beim Marktsonntag in Germering, dann wird es die geplante Ausgabedauer von einem Jahr gar nicht brauchen.

Auf sieben Jahre liegen die Anteile dann fest, die Anleger brauchen also einen langen Atem, der stets nach der Ausschüttung zur Bierfahne werden kann. Und sollte es das Germeringer Brauhaus dann noch geben, darf auch jeder nach dieser langen Zeit des Genusses mit einer Rückzahlung rechnen. Zwischendurch gibt es ja die Biermarken für die Genießer. Alle diejenigen, die 250 Euro oder mehr investiert haben, hoffen selbstverständlich auf einen heißen Sommer und großen Bierdurst in Germering und Umgebung.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: