Mitten in Germering:Sauberer als die Schweiz

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Von Gassi-Sackerl bis Rama dama: Die Große Kreisstadt tut wirklich alles, um als reinlich zu gelten

Von andreas ostermeier

Die Schweiz hat ein fest gefügtes Image: Berge, Banken, Sauberkeit. Die Schweizer gelten als seriös und überlegt, deshalb vertraut alle Welt den Geldinstituten in Zürich, Bern oder Genf das Ersparte an. Die wie Berggipfel geformten Stücke der Toblerone und Johanna Spyris "Heidi" sind Garantie dafür, dass auch die Schweizer Alpen immer zum Bild des Landes gehören werden. Und ebenso ist es mit der Sauberkeit. Das Land sieht aus, wie eben aufgeräumt, die Städte, wie frisch geduscht. Bei der Sauberkeit, so scheint es, steht die Schweiz ebenso auf Platz eins wie bei Banken und Bergen.

Aber dieser Eindruck täuscht. Die Schweiz hat in punkto Reinlichkeit echte Konkurrenz bekommen. Von einer Stadt im Landkreis, von Germering. Die Große Kreisstadt hat einen neu gestalteten Platz in der Mitte, den man nur als sauber bezeichnen kann, also als sehr ansehnlich, was das Wort im Bairischen bedeutet, und eben auch als sehr rein. Damit das so bleibt, hat die Stadtverwaltung große dunkelgraue Mülleimer aufstellen lassen, in die die Passanten ihren Abfall werfen sollen. Die Kübel sind in einem edlen und zurückhaltenden Schick gestaltet. Die Behälter drängen sich nicht ins Bild des Platzes, besitzen ein kleines Dächlein und sind mit dem inoffiziellen Stadtwappen, dem zu einem "G" geformten Nachbild eines keltischen Amuletts, geschmückt. Jederzeit kämen sie für die Gestaltung eines Platzes in der Schweiz in Frage.

Doch auf saubere Müllkübel allein bleibt die Germeringer Konkurrenz nicht beschränkt. Sie kann auch in Zahlen ausgedrückt werden. Beispiel Hundekot. Der ist bekanntlich ein besonders hartnäckiger Feind der urbanen Sauberkeit. Um ihn zu bekämpfen, stellen Städte Beutelspender auf und ersuchen die Hundebesitzer, mit Hilfe von Plastiktütchen die Hinterlassenschaft ihrer Begleiter zu entfernen. In der Schweiz kommt ein solcher Spender statistisch gesehen auf 50 Hunde. Damit ist das Nachbarland klar abgeschlagen. In Germering kommt ein Beutelspender auf 16 Hunde! Aber Germering kann noch mehr. Das bayernweit verbreitete Ramadama, also das Aufräumen von Wald und Flur, findet in der Großen Kreisstadt nur noch alle zwei Jahre statt - weil zu wenig Abfall herumliegt. In diesem Jahr wurden die Schulkinder nicht ins Freie geschickt, denn sie seien im vergangenen Jahr enttäuscht und mit nur halb vollen Säcken vom Abfallsammeln zurückgekehrt, sagt der Oberbürgermeister. Enttäuscht von zu wenig Müll: Das ist Germering. Sauber traurig!

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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