Mitten in Germering:Ostern nähert sich Weihnachten

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Wenn Rituale nicht mehr nur zur rechten Zeit stattfinden

Von Christian Hufnagel

Es ist ein undenkbares Ereignis: Weihnachten und Ostern fallen zusammen. Nachteile hätte dieses doppelte Feiertagsdatum genügend. Die Geschäftswelt würde sich damit um eine Periode der Vermarktung und damit um eine Menge Geld bringen, die Christen würden vermutlich Anstoß daran nehmen, dass sie Geburt, Tod und Auferstehung Jesu Christi in einem Aufwasch feiern sollen. Andererseits sind ja sowieso so manche (Ein-)Stimmungstermine in Bewegung, wenn nicht gar durcheinander geraten. Nicht allzu lange her, da war es rund um Allerheiligen mehr oder weniger mucksmäuschenstill, schließlich war und ist der Anlass ein ernster, ein trauriger: Der Mensch hält inne, besucht die Gräber und gedenkt der verstorbenen Angehörigen. Aber just am Vorabend des Friedhofbesuches lärmt es an den Haustüren, fordern kleine Schauergestalten Süßigkeiten ein. Und Kulturveranstalter springen auf den Geisterzug von Halloween auf, so ein Germeringer Theater, das just zu dieser Stund ein mörderisches Schauspiel als szenische Lesung inszeniert, "passend zu Halloween", wie es in der Ankündigung hieß.

Aber passt die schnöde Gruselei zum schmerzvollen Gedenken? Nur: Was passt schon zusammen dieser Tage? Gerade noch in Trauer versunken, geht das Gemüt über in Jubel, Trubel, Heiterkeit. Fasching wird es, zumindest in Olching, wenn bereits an diesem Samstag die entsprechende Gilde ihr Prinzenpaar für die Saison präsentiert. Die Brucker und Germeringer Spaßkollegen halten sich wenigstens an das althergebrachte offizielle Datum, an dem die närrische Jahreszeit los- und abgeht, den 11. November.

Pappnasen und sonstige Verkleidungsversuche nun bereits aus dem Schrank zu holen, wäre dann doch etwas übereilt. Schließlich ist ja erst noch die sogenannte besinnliche Zeit zu durchleben, welche natürlich ebenfalls verfrüht am übernächsten Sonntag ein erstes Zeichen setzt: "Zu kaufen gibt es Weihnachtsgestecke und -karten", annonciert der Germeringer Sozialdienst seinen Basar, der am Faschingsanfang und immerhin drei Wochen vor dem ersten Advent stattfindet. Dem Stimmungsdurcheinander nicht genug, setzt die Öffentlichkeitsarbeiterin der Stadthalle Germering noch eins drauf. Sie sucht noch Künstler, die einen Markt bestücken. Dieser versucht allerdings nicht das große Bescherungsbedürfnis für Heiligabend zu befriedigen, sondern widmet sich einem anderen Ereignis. Es handelt sich um den Ostermarkt Anfang April. Wenn es so weitergeht, fallen Weihnachten und Ostern sicherlich doch bald zusammen.

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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