Mitten in Germering:Erziehen statt vertreiben

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Wenn schon der in Puchheim angewandte Masterplan zur Vertreibung der Vögel nicht funktioniert, sind andere Ideen gefragt

Von Peter Bierl

Krähen sind nicht nur intelligent, sondern lernen schnell, im Gegensatz zu Menschen, die viel öfter eins auf die Mütze brauchen, bevor sie kapieren. Dieser Umstand eröffnet Möglichkeiten für friedliche Koexistenz. Zunächst wird die Stadt Germering, gedrängt von Anwohnern, die über Lärm und Kot klagen, gegen die Saatkrähen das Repertoire auffahren, das die Puchheimer seit Jahren mit bescheidenem Erfolg ausprobieren. Erst Vogelzählung, dann Gutachten, schließlich der Masterplan: Vertreiben mit Lärmklatschen, Einsatz von Falken, Zerstörung und Umsetzen von Nestern, zuletzt befiehlt der OB den Einsatz der Luftverteidigung. Bunte Ballons werden aufsteigen, um die Tiere zu erschrecken.

Während die taktischen Maßnahmen eskalieren, erklären Experten geduldig, dass Saatkrähen zu schlau sind. Die Vögel warten in sicherer Entfernung, bis der Falkner seinen Raubvogel wieder einpackt und die Luftballons schlapp machen. Sind sie doch genervt, ziehen sie ein paar Straßenzüge weiter oder in Nachbargemeinden, so dass das Problem sich stetig ausbreitet, weil Splitterkolonien die Fortpflanzung anregen. Haben die Germeringer irgendwann begriffen, dass man das Problem nicht mit solchen Tricks löst, sind sie reif für die Lösung, die der Amerikaner Joshua Klein ausgetüftelt hat, eine spezielle Snackmaschine. Am Anfang liegen Münzen und Erdnüsse um das Gerät herum, um Tiere anzulocken, schließlich werden die Nüsse auf einem Futterbrett unter Geld versteckt, so dass die Krähen mit den Schnäbeln die Münzen wegschieben müssen, wobei einige in Schlitze fallen und die Maschine noch mehr Futter ausspuckt. Im nächsten Schritt liegen nur noch Münzen auf dem Brett, die Vögel begreifen, dass es nur Essen gibt, wenn man das Geld in den Schlitz bugsiert. Zuletzt lässt der Mensch die Münzen weg, so dass die Tiere selber Geld mitbringen müssen, um für die Nüsse zu bezahlen. Eine Win-Win-Situation für alle, findet Klein. Allein in den USA gingen jährlich Münzen im Wert von 216 Millionen Dollar verloren, die die Vögel sammeln könnten. Ob Saatkrähen allerdings Standorte für Snackautomaten weit außerhalb von Germering oder Puchheim akzeptieren, weiß kein Mensch.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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