Mitten in Germering:Bunter Wolf

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Die Tierwelt einer Kunstinstallation gibt ständig Rätsel auf

Kolumne von Andreas Ostermeier

Der Wolf hat die Fantasie der Menschen schon immer angeregt. Zahlreiche Geschichten und Märchen sind erfunden und erzählt worden, in denen Isegrim eine dunkle Rolle spielt als Furcht einflößender Finsterling, der Menschen und Tiere bedroht und dabei oft auch hinterlistig vorgeht. So täuscht er das Rotkäppchen, indem er dem Mädchen vorspielt, dessen Großmutter zu sein. Und die sieben Geißlein überwältigt er, indem er so tut, als sei er ihre Mutter.

Der Wolf ist wieder da und hat die fünf Holzschafe an einem Germeringer Kreisverkehr im Visier. (Foto: Voxbrunner Carmen)

Zu diesen Geschichten kommt nun eine weitere hinzu. Sie heißt: "Der Wolf und die fünf Schafe." Und sie spielt in Germering. Beginnen könnte sie mit den Worten: "Es war einmal eine Stadt, die schmückte mit fünf Schafen aus Holz einen Kreisverkehr. Eines dieser Schafe war rot. Und eines Tages war das rote Schaf verschwunden." Hat es der Wolf gefressen? Nun, das lässt sich nicht mehr aufklären. Sicher ist: Einige Zeit nach dem Verschwinden tauchte ein neues rotes Schaf auf, angefertigt von Walter Kuhn, dem Schöpfer der Schafe, und erworben von der Stadt. Dann, in der Freinacht, gesellte sich ein rabenschwarzer Wolf zu den Schafen. Auch er besteht aus Holz, wurde aber nicht von Kuhn hergestellt, sondern von bis heute unbekannter Hand.

Getan hat der Wolf den Schafen bislang nichts. Keines der Schafe verschwand mehr. Dafür war der Wolf selbst vor kurzem spurlos verschwunden. Nun ist er in den Kreisel zurückgekehrt. Aber nicht mehr im tiefschwarzen Pelz, sondern bunt angemalt. Germering rätselt. Wer macht sich hier einen Spaß und stellt einen bunten Wolf auf? Geht es gar darum, ein Zeichen für die Wiederansiedelung von Wölfen zu setzen, die weithin umstritten ist? Das Geschehen am Kreisverkehr findet jedenfalls eine Aufmerksamkeit, wie sie keiner zweiten derartigen Rundfahrt im Landkreis zuteil wird. Man könnte sagen, der Germeringer Kreisel ist bekannt wie ein bunter Hund. Dank eines Wolfes.

Wie die Geschichte nun weitergeht? Hoffentlich nicht wie in den Märchen. Denn in denen ist der Wolf am Ende immer tot.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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