Mitten in Fürstenfeldbruck:Parkzettel der Geschichte

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Ein Ticket als historischer Fund

Von christian hufnagel

Fürstenfeldbruck ist natürlich nicht rückwärtsgerichtet, darf aber schon mal einen Blick in die Vergangenheit werfen. Schließlich hat das Städtchen durchaus Geschichte. Wer im 12. Jahrhundert eine Brücke über die Amper baut, darf sich eine erste urkundliche Erwähnung erlauben. Wer ein Jahrhundert später ein properes Kloster gründet, kann sich die nächsten Jahrhunderte als religiöses Zentrum begreifen. Und wer schließlich, noch ein gutes Stück später, Haltepunkte für die S-Bahn erhält und damit auf gut 35 000 Einwohner anwächst, mag sich ganz offiziell Große Kreisstadt rühmen dürfen. Im Schatten dieser glorreichen Entwicklung ist freilich ein dunkles Problem herangewachsen: Wer Bruck auf individuellem Weg erreicht, muss sein Fortbewegungsmittel ja irgendwo unterstellen. Waren einst Pferd schnell angebunden und Kutsche abgestellt, verhält sich das mit dem Auto um einiges schwieriger.

Noch dazu, weil die Stadtgewaltigen hier eine Einnahmequelle entdeckten. Die Verwaltung erfand dafür in der ihr eigenen Sprache den wohlklingenden Begriff der Parkraumbewirtschaftung. Heißt: Möglichst viel Kohle aus diesen Flächen herausholen, auf denen der Fremde sein Fahrzeug abstellt. Und je näher der Parkende zum Zentrum gelangt, desto ertragreicher wird die Sache. Umgekehrt versucht der Besucher natürlich, so billig wie möglich davon zu kommen. Also wird er im Internet auf gratisparken.de klicken. Für die Umgebung von Fürstenfeldbruck scheinen allerdings nur Plätze in Gilching und Gauting auf, was für einen Fußmarsch entschieden zu weit ist. Zum Glück lässt sich auch ein Stadtplan finden, der "zentrumsnahe Parkplätze in Fürstenfeldbruck" ausweist - in seiner Abstufung fast ein Studienobjekt.

Wem dann also einer der 708 gebührenfreien und zeitlich unbegrenzten Parkplätze am Volksfestplatz immer noch nicht nah genug ist, der wird beim Viehmarktplatz landen. Dort muss man erst nach einer Stunde zahlen, was doch die ein oder andere Besorgung erlaubt. So zieht man ein sogenanntes Freiticket aus dem Automaten, wie es SZ-Leser Claus Christianus diese Woche getan hat. Und schon hielt er einen "erstaunlichen historischen Fund aus dem vorigen Jahrtausend" in der Hand: "Parkzeitende 1998" durfte er über seiner Ticketnummer 138 - die eigentlich jenseits der 383 000 hätte liegen müssen - lesen. Durchaus bemerkenswert, wie Fürstenfeldbruck im Alltäglichen an vergangene Zeiten erinnert und seine Geschichte lebendig hält - und Autobesitzer der Parkzettel der Geschichte anweht.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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