Mitten in Fürstenfeldbruck:Vernetzung von heißer Luft

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Musterlandkreis Ziel 21 nennt sich der Landkreis, doch an der Spitze der Energiewende steht er keineswegs

Von Peter Bierl

Viele Zeitgenossen benutzen eine Sprache, die an Orwells Neusprech erinnert und die gleiche Funktion hat, unangenehme Dinge zu verschleiern. So fristen viele ein Leben als Tagelöhner, weil es immer weniger ordentlich bezahlte Jobs gibt, nennen sich aber Selbständige, die Projekte betreuen. Dabei sind alle vernetzt, immer gut drauf, flexibel, kreativ und cool, und was sie treiben, ist nachhaltig ohne Ende. Ein weiteres Paradebeispiel für dieses Gebaren ist die Umweltpolitik, in der außer heißer Luft wenig produziert wird. Der Ausstoß von Kohlendioxid ist allen Weltklimakonferenzen und Hofberichterstattern zum Trotz bislang immer nur dann vorübergehend gesunken, wenn wie zuletzt Anno 2009 die Wirtschaft kriselte.

Inzwischen haben die meisten Kommunen einen Klimaschutzmanager, etliche beteiligen sich an europaweiten Klimabündnissen, der Landkreis Fürstenfeldbruck schmückt sich mit einem Klimaschutzprogramm und dem Titel des Agenda-21-Musterlandkreises. Kaum einer glaubt aber, dass Fürstenfeldbruck im Jahr 2030 ohne fossile Energie auskommt, wie es der Kreistag höchstselbst einst beschlossen und verkündet hat. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien liegt der Landkreis in Oberbayern auf Platz 20 von 23, rügte unlängst Johann Thurner, der frühere Bürgermeister von Mammendorf. Was notwendig wäre, liegt auf der Hand: Den Verbrauch drastisch reduzieren, mehr Solaranlagen und Windräder bauen. Für diese Erkenntnis sind weder Gutachten noch Vernetzung nötig.

Mal schauen, was "Regio-Twin" bringt. Bei diesem bundesweiten Projekt sollen "Klimaexperten" aus Bruck und dem Wetteraukreis in Hessen durch interkommunale Zusammenarbeit von den Erfahrungen der anderen profitieren, heißt es in der Presseerklärung des Landratsamtes, deren Verfasser auch die Phrase "global denken - lokal handeln" nicht auslassen. Die Kreisverwaltung gehe damit "einen weiteren Schritt in Richtung nachhaltige Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen".

Richtig nachhaltig wirkte der Klimaschutz in Fürstenfeldbruck nur parteiintern, in der CSU, aus deren Reihen die Aufstellung von Windrädern sabotiert wurde, ohne dass deren Kreisvorsitzender und Landrat ein Machtwort sprach. Dessen Landratskollege nebenan setzte in der gleichen Zeit die doppelte Zahl von Windrädern durch. Vielleicht sollte Wetterau sich besser mit Starnberg vernetzen.

© SZ vom 11.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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