Mitten in Fürstenfeldbruck:Triumvirat ohne Machtbasis

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Drei im Stadtrat vertretene Parteien tun sich zusammen. Für eine Mehrheit müssten sie aber noch viel mehr Mitstreiter ins Boot holen

Glosse von Stefan Salger

Verfügen sie über Mehrheiten, setzen Politiker ihren Willen schon mal ohne Palaver mit Hilfe schierer Macht durch. Andernfalls muss man sich Verbündete suchen. So wie bei Söder und Aiwanger oder in Berlin mit den Grünen, die sich plötzlich an der Seite der Liberalen wiederfinden. Im Brucker Stadtrat bildeten CSU und Freie Wähler viele Jahre eine Art Zweckgemeinschaft. Abgelöst wurde die nach der Kommunalwahl von einer informellen schwarz-grünen Koalition, die sich vor Abstimmungen häufig vorab auf eine gemeinsame Linie verständigt.

Drei weitere im Stadtrat vertretene Parteien nehmen sich ein Beispiel und kooperieren ebenfalls: die bei der Kommunalwahl auf drei Mandate geschrumpfte SPD sowie die One-Man-Shows Die Linke und Die Partei. Auch beim traditionellen Jahresauftaktgespräch, bei dem in den vergangenen Jahren exklusiv die SPD den Ton angab, sind Florian Weber (Die Partei) und Adrian Best (Die Linke) dabei. Da bekommt Mirko Pötzsch von der SPD gleich zu spüren, was es heißt, mit Weber in einem Boot zu sitzen - sitzt dem doch bekanntlich der Schalk im Nacken. Banknachbarn erfreut er gerne mit lockeren Sprüchen. Pötzsch lässt es stoisch über sich ergehen. "Von Freunden für Freunde" steht als versöhnliche Botschaft über Webers Kopf auf einer Schiefertafel. Der Gastronom hat Narrenfreiheit, schließlich ist er Gastgeber in seinem Klubhouse. Da darf er sich auch ein Weißbier vor dem Mittagsläuten erlauben, während der Werbespruch auf der Tafel über dem SPD-Fraktionschef ("Klubhouse Shots") ein leeres Versprechen bleibt und Philipp Heimerl tapfer am halb vollen Wasserglas nippt. Die Tafel über Best wartet mit dem ungastlichen Schriftzug "Exit the Pub!" auf.

Stellt sich die Frage, wie sich dieser Dreierbund Gehör verschaffen will. Zur Mehrheit fehlen ihm im Stadtrat 16 Stimmen. Aber im Klubhouse gibt es auch für Politiker, die nicht an den Hebeln der Macht sitzen, Tipps mit Mehrwert. Ein Plakat von Fridays for Future weist den Weg, wie man seinen Willen auch in schwierigen Zeiten durchsetzen könnte: "Wir streiken, bis ihr handelt." Mal sehen, ob ein Sitzstreik Schwarz-Grün beeindruckt. Andernfalls müssten SPD, Die Partei und Die Linke eben zusammenrücken, um noch ein paar Partner ins Boot zu holen: BBV, Freie Wähler, ÖDP und möglichst auch noch die FDP. Gute Vorsätze fürs bereits angelaufene Jahr.

© SZ vom 10.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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