Mitten in Fürstenfeldbruck:Stunde des Lobes

Lesezeit: 1 min

Anerkennende Worte für den politischen Gegner sind selten. Deshalb darf man die jüngste Kreistagssitzung durchaus als historisch bezeichnen

Kolumne von Heike A. Batzer

Lob ist ja etwas, das jeder gerne hört - sofern es ihn betrifft. Anerkennung für die eigene Leistung tut gut und motiviert, und manche können gar nicht genug davon bekommen. Bisweilen kommt ein Lob auch in der Variation Kompliment, Belohnung, Schmeichelei daher, und sogar am Arbeitsplatz und in der Politik kommt Lob manchmal vor. Verständlicherweise wird es lieber Parteifreunden zuteil als politischen Gegnern.

Und so muss die jüngste Sitzung des Kreistags Fürstenfeldbruck in die Historie eingehen als eine, in der man sich geradezu liebedienerisch auch dem politischen Kontrahenten näherte. Der grüne Landtagsabgeordnete und Dauerkreisrat Martin Runge steht normalerweise nicht im Verdacht, anderen nach dem Mund zu reden. Doch diesmal "muss ich Sie loben", sagt er explizit zum CSU-Landrat Thomas Karmasin, denn dieser habe die Liquiditätshilfe für die Kreisklinik - damit diese ihren Mitarbeitern eine Großraumzulage zahlen kann - "auf den richtigen Weg gebracht", indem er sie per dringlicher Anordnung schon mal vorab genehmigt und nun den Kreistag darüber in Kenntnis gesetzt hat. Damit konnten die Mittel bereits fließen.

Runge hat damit den Standard des Nachmittags gesetzt, andere ziehen nach. Petra Weber (SPD) äußert sich "voller Achtung" für das Team des Frauenhauses und will dessen "ehrenamtlichen Vorstand danken". Diese "Lobesstunde" finde er gut, betont ein wenig süffisant Norbert Seidl (SPD), deshalb wolle er sich anschließen. Es geht gerade um die Glasfaseranschlüsse für die weiterführenden Schulen. Martin Runge hat zwischenzeitlich viel Gefallen daran gefunden, einmal nicht den politischen Widersacher zu geben, und macht deshalb "gleich weiter mit dem Lob", als es in der Tagesordnung um die "Verwendung des Jahresüberschusses 2017" geht. Und so passt auch Landrat Karmasins Hoffnung, dass die ebenfalls per dringlicher Anordnung geänderte Höhe der Eintrittspreise für das kreiseigene Freibad Mammendorf "die letzte autokratische Entscheidung war", in diese Reihe. Er freue sich "wenn wir wieder gemeinsam regieren".

© SZ vom 01.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: