Mitten in Fürstenfeldbruck:Streithähne in der Bimmelbahn

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Manchmal geht es im Stadtrat zu, wie einem Volksfestzelt

Von Stefan Salger

Es gibt Gemeinsamkeiten zwischen dem großen Zelt, das auf dem Brucker Volksfestplatz aufgebaut worden ist, und dem Sitzungssaal im Rathaus. Schon klar, das Zelt hat keine altmodischen dunklen Holzvertäfelungen, die Bühne ist im Verhältnis kleiner und die Bierbänke haben keine Rückenlehne. Aber hier wie dort spielt die Musik, hier wie dort tobt regelmäßig der Bär und hier wie dort kocht regelmäßig die Stimmung hoch und es kann zu Handgreiflichkeiten kommen. Für Unterhaltung ist letztens in der Stadtratssitzung wieder gesorgt: Ganz ohne Blasmusik wird da der Marsch geblasen. Und ganz ohne Bier schäumen die Emotionen. Zunächst steht die Pflicht auf dem Programm: Ulrich Schmetz von der SPD will einen klaren Beschluss, dass alle Stadträte den Ausbau der Brucker Asyl-Erstaufnahmeeinrichtung ablehnen. Alle sind sich einig, aber man will sich auch nichts verbauen für die anstehenden Gespräche mit der Regierung von Oberbayern. Also wird über den Antrag abgestimmt, dass nicht über den Antrag von Schmetz abgestimmt wird. Solche Konstrukte kennt man vom Buchbinder Wanninger oder aus Reinhard Mays Lied "Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars". Dann geht es aber auch schon Schlag auf Schlag: Der Haushalt steht im Blickpunkt, und da ist Schluss mit lustig. Walter Schwarz von der SPD wirft dem Zweiten Bürgermeister Erich Raff von der CSU vor, auf der Bürgerversammlung beim Thema Sportzentrum III bewusst nur die halbe Wahrheit gesagt zu haben. Die Adjektiv-Kombination "dumm-dreist" steht im Raum, bevor Raffs Parteifreund Hans Schilling der Kragen platzt: "Jetzt langt's, du Schwätzer!" Gottlob sitzt man da nicht auf der Bierbank, sonst würde man jetzt glatt hinten runterkippen.

Die nächste Parallele zwischen Volksfest und Rathaus: Ein Streit verraucht schnell wieder und man geht auf ein gemeinsames Bier. Gelegenheit dazu gibt's am Freitag, da ist der große Umzug zum Volksfest. 22 Stadträte haben sich bereits angemeldet. Sie können auf dem Truhenwagen mitfahren. Wer aber zwischendrin aussteigen will, um zwischendrin ein paar Gruppen, Blaskapellen oder auch einen politischen Kontrahenten vorbeidefilieren zu lassen, dem zeigt Raff die offizielle Alternative aus der Palette der öffentlichen Verkehrsmittel auf : die "Bimmelbahn". Wer im Anhänger einer solchen Schmalspurbahn sitzt, der wirft garantiert jegliche Großspurigkeit über Bord.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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