Mitten in Fürstenfeldbruck:Seelenverkäufer in rauer See

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Braucht die Stadt eine wetterfeste Beleuchtung? Die ist zwar hochseetauglich, aber teuer

Von STEFAN SALGER

Es war ein Zeichen. Man muss schon Tomaten auf den Augen haben, um das nicht zu erkennen. Aber die Brucker haben damals nur gelacht und lieber olle Kamellen vom Boden aufgeklaubt. Erinnert sich eigentlich noch jemand? Damals, das war die Zeit, bevor der Faschingszug in der Kreisstadt zu Grabe getragen wurde. In einem jener Faschingszüge, man schrieb das Jahr 2010, steuerte der weitsichtige Oberbürgermeister Sepp Kellerer als Kapitän die "Titanic FFB" durchs spärliche Volk. Klare Ansage: Die Stadt ist pleite, das Schiff sinkt. Zwei Jahre später schlüpfte Kellerer in seiner Verzweiflung an gleicher Stelle sogar in das Kostüm eines bankrotten Griechen. Aber auch da wurde er nur ausgelacht und all seine Botschaften wurden als Seemannsgarn abgetan. Der OB wurde aufs Altenteil geschickt und die Stadt gab sich mit geöffneter Schatulle weiter dem alltäglichen Laster hin.

Fast zwei Jahre nach dieser Zäsur kehrt an der Stadtspitze die bittere Erkenntnis ein, dass Kellerer recht hatte. Das wurde jüngst im Kulturausschuss deutlich. Es geht um die Festbeleuchtung im Stadtzentrum, die neu angeschafft werden muss, weil die alte nicht mehr den Sicherheitsanforderungen entspricht. Auch Volksfestreferent Markus Droth von der CSU spricht sich nachdrücklich dafür aus, um Brucks "gute Stube" aufzumöbeln. Eine günstige Variante der Lichterketten kostet gut 10 000 Euro. Eigentlich würde die Stadt aber gerne eine wetterfestere Variante haben, die nach dem Volksfest hängen bleiben kann bis zum Altstadtfest. Der Experte der Stadtwerke denkt kurz nach. Ja, so etwas gäbe es schon, für gewöhnlich werden damit Hochseeschiffe ausgestattet. Jan Halbauer von den Grünen kann sich zwar nicht so recht vorstellen, wie so etwas aussieht ("ich war schon so lange nicht mehr auf einem Hochseeschiff"). Er muss sich gar kein Bild mehr davon machen. Denn die klamme Stadt will sich die dreifachen Kosten für diese Variante erst mal sparen und entscheidet sich für einen schneller realisierbaren Feldversuch mit der billigeren Variante.

Da wird klar, dass Bruck kein stolzes, in edles Licht getauchtes Kreuzfahrtschiff ist. Wir erinnern uns an Kellerers Titanic FFB. Mag der Kapitän auch von Bord gegangen sein, so befindet sich der windschiefe, leckgeschlagene Seelenverkäufer doch weiterhin in rauer See - und hat andere Sorgen als eine sturmerprobte Beleuchtung.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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