Mitten in Fürstenfeldbruck:Regional ist auch nur ein Wort

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Auch bei Produkten, die aus dem Umland stammen, muss der Verbraucher genau hinsehen

Kolumne von Peter Bierl

Wer in den Zeiten vor dem Mauerfall in Westdeutschland für Mülltrennung plädierte, bekam schon mal zu hören, er solle doch rübergehen in die DDR. Ähnlich wie Tempolimits oder das Ladenschlussgesetz galt Umweltschutz als Werkzeug des Kommunismus. Nachdem sich das Gespenst verzogen hatte, entdeckten Unternehmer wie Politiker, dass Labels wie nachhaltig, öko, bio oder fair in der Standort- und Wählerkonkurrenz gut fürs Marketing sind.

Gleiches gilt für den Begriff regional. Klingt einfach gut: Einkaufen oder Bestellen beim Bauern, Handwerker und Ladenbesitzer vor Ort, Einfachheit, Überschaubarkeit und Transparenz, der offene Kuhstall, kurze Transportwege, die Energie sparen, kleine Märkte für frisches Gemüse und der Bioladen fürs Körnerbrot, statt sein Geld bei anonymen Großkonzernen abzuliefern, die rund um den Erdball anschaffen lassen.

Diese Small-is-beautiful-Ideologie ignorierte immer schon, dass der kleine Betrieb um die Ecke auch eine üble Klitsche sein kann, für Mitarbeiter wie Umwelt. Der Brucker Schlachthof hat gezeigt, was für Schindluder sich unter hehren Ansprüchen verbergen kann. Ein Ökoversand aus dem Landkreis definierte schon vor Jahren den Begriff Region großzügig als das Gebiet zwischen Etsch und Main, zwischen Trento und Würzburg, und die Solidargemeinschaft Brucker Land expandierte bald in den ganzen Großraum München und in Supermarktregale und nun dank Amazon in alle Welt.

Es gelten eben die Gesetze der freien Marktwirtschaft: Wachse oder weiche. Wobei man fragen könnte, ist Amazon nicht auch nur ein globaler Verbund gut vernetzter Hallen in einer Vielzahl von Regionen, also irgendwie eigentlich doch auch total regional? Das meiste Zeug bei uns kommt doch aus einem Riesenlager in der Region des Lechrain.

Sicher gibt es viele Bauern und Direktvermarkter, die sich an Regeln halten, die sich für das Wohl von Mensch, Tier und Umwelt einsetzen, und die wir durch unsere Einkäufe unterstützen sollten. Grundsätzlich gilt aber für Konsumenten, klein ist nicht gleich fein, ein Label ist erst einmal bloß Werbung und die Versprechen wären genau zu prüfen. Bei der Unmenge an Produkten sind wir damit aber hoffnungslos überfordert. Es bleibt die Erkenntnis: Eine bessere Welt kann man nicht kaufen.

© SZ vom 10.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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