Mitten in Fürstenfeldbruck:Politische Lotterie

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Manchmal muss auch im Stadtrat etwas ausgelöst werden

Von Stefan Salger

Lotterien sind eine wirklich tolle Sache. Noch aus unserer eigenen Kindheit sind die Bilder präsent, wie da eine adrette Losfee mit langen blonden Haaren die gläserne Trommel in Bewegung setzt. Eine technisch ausgeklügelte Vorrichtung fischt sodann nach dem Zufallsprinzip sechs der 49 Kugeln heraus, die über eine filigrane Schiene kullern und zu guter Letzt in eine transparente Röhre plumpsen. Man meint förmlich, den Freudenschrei hinter einem fernen Fernseher zu hören und ist nur ein ganz klein wenig zerknirscht, dass man selbst über drei Richtige nie hinausgekommen ist.

Roland Klehr hat raspelkurze Haare, die nicht mal im Ansatz blond sind. Er ist auch nicht die Lottofee, sondern der erste Verwaltungsbeamte im Brucker Rathaus. Im Sitzungssaal füllt er auch keinem einzigen Stadtrat die Taschen mit ein paar Millionen. Klehr hat trotzdem so eine Art Lostrommel mitgebracht. Die ist durchsichtig, ausnahmsweise viereckig - und kommt ohne jeden technischen Schnickschnack aus.

Im Stadtrat sind mitten in der Amtsperiode Stühle gerückt worden, so ist Ex-Piraten-Stadtrat Andreas Ströhle in die BBV-Fraktion gewechselt. Als Ergebnis gibt es nun über die Freien Wähler hinaus zwei weitere Zweier-Minigruppierungen: Die parteifreien Alexa Zierl und Florian Weber hier, Klaus Wollenberg (FDP) und Dieter Kreis (ÖDP) dort. Die Sitze in den Fachausschüssen müssen deshalb neu verteilt werden. In langen Verhandlungen haben sich die drei Grüppchen untereinander geeinigt. Aber Klehr ist nach dem Wälzen der Geschäftsordnung, der Analyse von Gerichtsurteilen und der Konsultation der Kommunalaufsicht zur Erkenntnis gekommen, dass man um eine formale Verlosung nicht herumkommt. Also ziehen OB Erich Raff und sein Vize Christian Götz wechselweise die Lose. Auch sie haben kurze Haare, auch sie haben nichts zu verschenken, auch sie lösen nicht einmal den kleinsten Jubelschrei aus. Für jeden Ausschuss werden immer zwei von drei Minifraktionen gezogen. Als die Verlosung über die Bühne gegangen ist, scheint der Formalie Genüge getan zu sein. Der Plexiglaskubus wird zur Seite geräumt, das Ergebnis der Verlosung ignoriert - und der von den drei Gruppierungen untereinander ausgehandelte Besetzungsplan dann eben in der Nachspielzeit einstimmig beschlossen.

Manchmal würde man sich wünschen, bei der Lottoziehung auch über seine drei Richtigen noch mal abstimmen zu können.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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