Mitten in Fürstenfeldbruck:Piepshow als Protest

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Inmitten von Moos, Ästchen und Federn haben es sich die Kohlmeisen gemütlich gemacht. (Foto: Günther Reger)

In der Kreisstadt sind auch die Meisen auf der Suche nach günstigem Wohnraum. Am Veranstaltungsforum werden sie fündig

Von Anna Landefeld-Haamann

Glaubt man den demografischen Schwarzmalern, dann ist dies immer seltener: Zwei einheimische Turteltäubchen verlieben sich, kommen zusammen, freuen sich über Nachwuchs. Ihre Ursache haben mag die verbreitete Zurückhaltung auf dem Felde der Reproduktion in der Wohnungssuche, die sich für neu gegründete Familien meist schwierig gestaltet. 3500 Euro Kaltmiete etwa kostet in Olching eine Viereinhalb-Zimmer-Wohnung mit 180 Quadratmetern, in Alling bekommt man aktuell 92 Quadratmeter und vier Zimmer für 1300 Euro kalt.

"Bei euch piept's wohl", dachten sich angesichts solcher Zahlen nun Herr und Frau Meisenmann, die gerade Drillinge auf die Welt gebracht haben, und flogen auf die Barrikaden, hinauf in acht Meter Höhe. Seit ein paar Tagen hat sich die nun fünfköpfige Familie in Fürstenfeld eingenistet. Als öffentlichkeitswirksamen Ort für ihre Demonstration gegen den Mietpreiswahnsinn erwählten die beiden Meisen und ihre drei Kleinen die Anzeigen-Stele des Fürstenfeldbrucker Veranstaltungsforums.

Lange Zeit blieb ihr stiller Protest allerdings erst einmal unbemerkt. Denn Meisen sind unauffälliger als wütende Bürger oder Anarcho-Hausbesetzer. Sie werfen nicht mit Parolen oder Molotow-Cocktails um sich, schaffen am Tage und bleiben des nachts lieber zu Hause. Nur durch einen Zufall hat sie Alexander Tauscher nun entdeckt. Der Veranstaltungstechniker wollte die alten LED-Leuchten gegen neue austauschen. Da hörte er es aus der Stele piepsen. Er brachte es nicht übers Herz, die Piepmätze davonzujagen - so zumindest Tauschers Version. Andere Augenzeugen berichten wiederum, dass Frau Meisenmann ganz schön brutal vorgehe gegen jeden, der es auch nur wage, sich dem Nest mit dem Nachwuchs zu nähern. Sie schlage dann mit den Flügeln und gebe ein schnarrendes "Trrrrr" von sich, als wolle sie sagen: "Wohin sollen wir denn, eine Familie mit drei kleinen Kindern?" Zumindest für die nächsten drei Wochen wollen die Meisenmanns die Anzeigen-Stele noch besetzen. Danach sind die Jungen aus dem Gröbsten raus. Hier bleiben wollen sie dem Vernehmen nach nicht. Bruck sei erst der Anfang. Es gebe noch viel zu protestieren gegen mangelnden Wohnraum und steigende Mieten.

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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