Mitten in Fürstenfeldbruck:Mutprobe im Sitzungssaal

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Eine Frau aus Haspelmoor stellt dem Landrat eine Frage und hofft, von ihm "nicht fertig gemacht" zu werden

Kolumne Von Heike A. Batzer

Historisch nennt Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin den Augenblick. Die Einschätzung mag ein wenig pathetisch daherkommen, irgendwie außergewöhnlich, weil selten, war der Auftritt dann aber doch. Auf zwei Stuhlreihen hatte sich Publikum eingefunden zur jüngsten Kreistagssitzung im Landratsamt, eine Frau inmitten erhebt sich, stellt sich vor als Christl Bader aus Haspelmoor. Sie hat ein Anliegen, das sie dem Landrat vorbringen möchte. Sie sei aufgeregt, sagt sie, vor allem, weil man ihr geraten habe, aufzupassen, denn "wenn du was sagst, was dem Landrat nicht passt, dann macht er dich fertig". Die Kreisräte, gestählt aus verbalen Auseinandersetzungen vieler Jahre, lachen laut auf, Karmasin lacht auch.

Das Anliegen der Frau ist ernst. Der Landrat möge die Arbeitserlaubnisse für Asylbewerber "mit mehr Augenmaß erteilen", wünscht sich Frau Bader und verweist auf den Schaden, der andernfalls für Steuerzahler, Sozialkassen und die Wirtschaft entstehe. Als Ehrenamtliche fühle sie sich "echt verzweifelt", immerhin investiere sie bis zu 20 Stunden in der Woche an freiwilliger Arbeit. Sie berichtet von einem Asylbewerber, der "fünf Arbeitsplätze gehabt hätte, aber nicht arbeiten darf". Frau Bader lässt nicht locker: "Sie haben die Weisungsbefugnis für die Arbeitserlaubnis, Herr Landrat!".

Karmasin dankt ihr für ihr Engagement und dafür, dass sie sich mutig zu Wort gemeldet habe: "Es ist ganz selten, dass jemand eine Frage stellt." Bei der Erteilung von Arbeitserlaubnissen zähle der Landkreis nicht zu den Strengsten, aber auch nicht zu den Liberalsten, man bewege sich "in der Mitte - auf dem Boden des Rechts", betont Karmasin. Man sehe sich jeden Einzelfall an, "das ist sehr viel Mühe, aber das Recht verlassen wollen wir nicht". Er hoffe, sie habe sich nicht fertig gemacht gefühlt, sagt Karmasin noch. Sie solle ihre Anschrift hinterlassen, er werde noch schriftlich antworten.

© SZ vom 06.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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