Mitten in Fürstenfeldbruck:Lernen fürs Leben

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Die Schreinergesellen haben keinen Bock auf Prüfungen

Von KATHARINA KNAUT

Nicht für die Prüfung, sondern fürs Leben, lernt Ihr!", ist wohl der Satz, der neben "Nicht die Klingel beendet die Stunde, sondern ich" derjenige ist, den Schüler von ihren Lehrern am häufigsten zu hören bekommen. Bis ihn alle mitsprechen können. In mehreren Sprachen. Gewünschter Effekt: Schüler lernen, weil sie einsehen, dass Wissen nicht nur für den Notenschnitt wichtig sein könnte, sondern für ihr ganzes Leben. Tatsächlicher Effekt: Genervte Blicke, Augenverdrehen, Bulimielernen - zumindest, wenn die Prüfung relevant ist. Ist sie es nicht, lässt man die Anstrengung auch gerne ganz sein. Wozu auch?

Diese leidige Erfahrung hatten auch die Mitglieder des Gesellenprüfungsausschusses der Schreinerinnung bei der diesjährigen Zwischenprüfung gemacht, die nicht für die Gesamtnote zählt und nicht mehr ist als ein Zwischenstandsbericht. Das Ergebnis: Wenig Motivation bei den Azubis. "Ein Drittel hatte einfach null Bock", echauffierte sich Simon Merk, der Vorsitzende des Ausschusses, bei der Innungsversammlung. Der praktische Teil der Prüfung sei eine Katastrophe gewesen. Anzeichen von Gefahr hatte er schon nach der ersten Frage der Prüflinge gewittert: "Bekommen wir für die Prüfung einen Urlaubstag? Es ist schließlich Samstag." Der geforderte Klapptisch sei dann auch nur von einigen wenigen abgeliefert worden. "Die Hälfte hat in den sechs Stunden Prüfungszeit gerade mal Einzelteile abgegeben. Wie soll ich das benoten?" Voraussichtlicher Notendurchschnitt: Zwischen vier und fünf. Dabei sei die Prüfung eigentlich leicht gewesen, viele der Teile waren vorgefertigt. Allgemeine Bestürzung bei den übrigen Anwesenden.

Der Anreiz sei einfach zu gering, meinte ein Innungsmitglied. Es gebe zwar eine Vergütung, je besser der Durchschnitt ist, doch die sei anscheinend nicht verlockend genug, um die Schüler zum Lernen zu bewegen. Zugegeben, sich für eine für die Note nicht relevante Prüfung anzustrengen, ist aus Sicht eines Azubis reine Energieverschwendung. Allerdings werden in der Zwischenprüfung Wissen und Fertigkeiten abgefragt, die im späteren Beruf durchaus ihre Relevanz haben. In dieser Hinsicht ist ein wenig Anstrengung vielleicht doch nicht zu viel verlangt.

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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