Mitten in Fürstenfeldbruck:Lehrjahre an der Amper

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Biber Justin muss in den sauren Apfel respektive in den nahrhaften Baumstamm beißen: er nabelt sich von seinen Eltern ab

Von Erich C. Setzwein

Mit drei Jahren ist im Hause Biber Schluss. Egal, wie brav das Junge war oder wie flegelhaft: es wird aus dem Bau regelrecht herausgebissen. Denn wenn Familie Biber, zum Beispiel in jenem Bau in der Amper bei den Stadtwerken, wieder Nachwuchs erwartet, ist endgültig Schluss für die Heranwachsenden im Hotel Mama. Doch wohin in dieser schlechten Welt?

Jedem Obdachlosen würden Beratungsstellen raten, im Rathaus um einen Schlafplatz nachzusuchen. Für Biber aber sind im Landkreis nicht mehr die Städte und Gemeinden zuständig, sondern ein dreiköpfiges Team im Landratsamt. Doch dieses auf Wildtiermanagement geschulte Trio hat die Biber dieses Landkreises nur im Blick und greift nur ein, wenn es gar nicht mehr anders geht. So ist also der junge, aus dem Bau geworfene Biber - nennen wir ihn Justin - auf sich allein gestellt. Zwar hat der die nötigsten Skills, wie etwa Äste kappen oder Rinde schälen, von den Eltern gelernt, aber Weiterbildung ist nötig. Und so schlägt er sich als Lehrling durch, immer auf der Suche nach Trainingsmöglichkeiten. Jüngst hat sich ein solcher Azubiber beim Amperdamm bei Fürstenfeldbruck an einem ebenfalls Heranwachsenden vergriffen, einem Baum von schlanken Maßen, den er an einem Abend mit seinen scharfen Zähnen quasi anbaggerte, um ihn am nächsten umzulegen.

Weiden haben es den Bibern angetan, enthält doch ihre Rinde Acetylsalicilsäure, die gerade Jungtiere brauchen. Womöglich tut das Naturaspirin ganz gut nach langen nächtlichen Ausflügen. Gut möglich auch, dass in nächster Zeit noch mehr kleine und größere Bäume fallen, um als Nahrungsergänzungsmittel zu dienen.

Denn das Dutzend Biberfamilien an der Amper, das die Behördenmitarbeiter auf dem Schirm haben, bereitet sich langsam auf den Winter vor. Auch an Glonn und Maisach hortet Jung wie Alt schon Maisstengel in den Bauten und kann so bis zum Frühjahr durchhalten, wenn der Raps wieder sprießt und die neue Ernte ansteht. Ärgerlich für Bauern und Waldbesitzer. Aber auch die werden vom Landratsamt fachlich betreut und entschädigt, wenn wieder einer dieser Justins rabaukenhaft durchs Maisfeld gezogen ist oder den einen oder anderen Stamm im Wald zu Fall gebracht hat.

© SZ vom 11.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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