Mitten in Fürstenfeldbruck:Kunst der kreativen Buchführung

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Das Stadtmuseum macht auf die wundersame Weise der "Umweg-Rendite" einen Gewinn von 350000 Euro

Kolumne von Peter Bierl

Der Landkreis Fürstenfeldbruck hat einen ungehobenen Schatz, seine Vergangenheit. Wir reden nicht vom Vogelschiss, sondern von Steinzeitmenschen, Kelten, Römern und Bajuwaren. Dieses ungenutzte Wachstumspotenzial soll nun erschlossen werden. Gerüchten zufolge sollen beim Haspelmoor, in Maisach und Germering Ausgrabungsstätten entstehen, die den Vergleich mit Pompeji nicht zu scheuen brauchen. Das Jexhofmuseum expandiert zu einem zweiten Freilichtmuseum Glentleiten. Die Furthmühle möchte der Landrat lieber heute als morgen kaufen. Die Stadt Fürstenfeldbruck plant auf dem Fliegerhorstgelände eine großzügige Dokumentation zur Geschichte der Luftwaffe samt Tagungszentrum und Kunstgalerie.

Was könnte einen solchen Sinneswandel bei Kommunalpolitikern auslösen, die darauf bedacht sind, möglichst wenig für Museen auszugeben? Das könnte eine Studie des Stadtmuseums Fürstenfeldbruck bewirken, wonach das Haus eine wahre Goldgrube ist, die jährlich mehr als 350 000 Euro Gewinn abwirft. Nein, sie haben keine Dukatenesel im Depot, beherrschen aber die Kunst der kreativen Buchführung. Statt die Ausgaben mit dem Erlös aus dem Ticketverkauf zu bilanzieren, was ein fettes Minus ergibt, haben Mitarbeiterinnen eine sogenannte "Umweg-Rendite" berechnet.

Die ergibt sich aus mehreren Faktoren: Die Rechnungen des Hauses sind oft bei lokalen Betrieben zu begleichen, die etwas geliefert oder repariert haben. Das Museumspersonal kauft von seinem Gehalt Kartoffeln und Butter. Die Ausgaben des Museums sind Einnahmen des hiesigen Gewerbes und damit quasi "Umwegeinnahmen" des Museums. Dazu kommt der Werbewert des Hauses von angeblich 230 000 Euro. Obendrein lässt jeder der mehr als 8000 Museumsbesucher statistisch 34 Euro in Wirtschaften und Geschäften des Landkreises.

Das Stadtmuseum hat eine Art Perpetuum mobile erfunden. Jeder defizitäre Kulturtempel wird zum Profitcenter, kein Betrieb macht mehr Pleite, Staatsschulden sind passé. Die Umweg-Rendite beschert uns ein neues Wirtschaftswunder mit nachhaltigen und völlig umweltneutralen Wachstumsraten von 50 Prozent und mehr. Das Finanzamt soll bereits neue Mitarbeiter einstellen.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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