Mitten in Fürstenfeldbruck:Klartext-Rüffel für die Politiker

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Warum das Landratsamt den Stadträten "Klientelpolitik" vorwirft

kolumne Von Stefan Salger

Behördendeutsch ist des Normalbürgers Gräuel. Jedenfalls meistes. Da werden passive Formulierungen sowie Fachwörter in verschachtelte Bandwurmsätzen eingebettet. Beispiel gefällig? "Gemäß dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern erfolgt die Zahlung im Vorgriff auf die Änderungstarifverträge unter dem Vorbehalt der Rückforderung und unter Ausschluss der Berufung auf den Wegfall der Bereicherung." Hauptsache juristisch wasserdicht, verstehen muss man es nicht.

Die Fürstenfeldbrucker Kreisbehörde hat solch Paragrafenkauderwelsch gottlob längst über Bord geworfen. Da wird unverblümt Klartext geredet, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Für Bürger verständlich - und auch für bockige Politiker. Letztens ging es darum, was die am Landratsamt angesiedelte Kommunalaufsicht zum Haushaltsentwurf der Kreisstadt sagt. Nachdem sie die Politiker im Vorjahr bei der Kreditaufnahme ordentlich eingenordet hatte, wurde die Stellungnahme mit Herzklopfen erwartet.

Die kommt, versehen mit dem korrekten Aktenzeichenvermerk, erfrischend klar und ohne viel Amtsdeutsch daher. Nüchterne Zahlen und Details rund um Nettokreditaufnahme und Leistungsfähigkeit werden ergänzt um wohltuend ungeschminkte und klar verständliche Hinweise. Auf Seite 14 heißt es: " ... Hinzu kommt, dass der Stadtrat nicht seine Aufgabe als Verwaltungsorgan im Sinne des Art. 29 GO" wahrnimmt, sondern sieben einzelne Fraktionen lediglich Klientelpolitik betreiben." Rumms. Das sitzt. Das fällt nicht mehr unter juristisch wasserdicht. Die Mitglieder des Finanzausschusses schauen sich betreten an, zählen kurz die Fraktionen durch und kommen zur Erkenntnis, dass sie damit gemeint sind. Jan Halbauer von den Grünen hatte den Passus zuvor ganz übersehen und weist ihn nun entrüstet als "Unverschämtheit" zurück, SPD-Fraktionschef Philipp Heimerl spricht von einer "anmaßenden Bewertung". Zweiter Bürgermeister Christian Götz von der BBV sieht's lockerer: Bürger seien das Klientel der Mandatsträger. Insofern sei es kein Problem, der Klientelpolitik geziehen zu werden. Trotzdem merkt man den Stadträten an, dass ihnen ein wenig mehr Behördendeutsch an dieser Stelle lieber gewesen wäre. Wir versuchen uns mal an einer hinreichend verschwurbelten Übersetzung: "Das zur Gemeindevertretung oder Gemeindeverwaltung in Städten berufene Kollegialorgan hat Partikularinteressen Priorität eingeräumt, weshalb der Spielraum für Investitionen in der langfristigen Finanzplanung jenseits der kommunalen Pflichtaufgaben trotz steigender Schlüsselzuweisungen sinkt." Na bitte, geht doch!

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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