Mitten in Fürstenfeldbruck:Karriere einer Kaffeefiltertüte

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Die FFP2-Maske schützt und ist in manchen Situationen sogar vorgeschrieben - aber kleidsam ist sie nicht

Glosse von Heike A. Batzer

Sie war noch ganz ungewohnt gewesen, damals im April jenes Jahres, das die ebenso schöne wie einprägsame Zahl 2020 trug: die Maske, auch Mund-Nasen-Schutz genannt. Sie war aus Stoff und von vieler Frauen Händen selbst genäht. Erst als nutzlos verpönt, dann zwingend angeordnet. Ein erster und an dieser Stelle niedergeschriebener Selbstversuch nannte das Tragegefühl "komisch, ungewohnt. Anders, als im Winter einen dicken Schal übers halbe Gesicht zu ziehen. Eher wie ein Blatt vor dem Mund. Ein bisschen beklemmend, vermummt."

Man gewöhnte sich dran. Blieb einem auch gar nichts anderes übrig. Die Räume drinnen und draußen, wo man die Dinger tragen musste, wurden mehr und mehr, und bisweilen läuft man zu samstagmorgendlicher Stunde zwar gänzlich allein, aber maskenbewehrt durch die Fürstenfeldbrucker Innenstadt.

Fast zehn Monate später ist der Stoffschutz in Ungnade gefallen und wurde im bayerischen Alltag (und dann auch anderswo) durch eine Variante ersetzt, die bislang dort eingesetzt wurde, wo es besonders staubig zuging. Ein paar Senioren haben sie schon, weil sie sich rechtzeitig in die Warteschlangen vor den Apotheken einreihten, wo gratis welche ausgegeben wurden. Auch wer als Journalist vor Ort über Profisport berichten möchte - wozu die Zweitligisten vom TuS Fürstenfeldbruck zählen - trägt die FFP 2-Maske dort schon seit Wochen. Die Handball-Bundesliga hat das vorgeschrieben.

Zugegeben, das Atmen ist ein wenig erschwert, der Sitz der Maske aber kaum unangenehmer als der der Stoffversion. Im Supermarkt wird's gerne zu warm drunter und die Nase beginnt zu laufen. Das Gesicht indes beginnt langsam zu verweichlichen. Ist ja seit einem Dreivierteljahr in der Öffentlichkeit fast immer abgedeckt. Ungewohnt frostig fühlte es sich zuletzt an, hielt man Mund und Nase tatsächlich mal schutzlos aus dem Fenster.

Zu unseren Outfits passt die FFP 2-Maske auch, denn seit die Bekleidungsgeschäfte geschlossen sind, tragen wir ohnehin nur noch alte Fummel. Jetzt eben auch noch eine Art Kaffeefiltertüte im Gesicht. Ist eh schon egal. Mit Verlaub: Sieht extrem beschissen aus.

© SZ vom 25.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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