Mitten in Fürstenfeldbruck:Grillen als Selbstfindung

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Laut dem Weiberkram-Programm gibt es eine Frauengesundheit, die ihre speziellen Gemeimnisse hat. Deren Enträtselung obliegt bei einem Vortrag einer Frauenärztin

Von CHRISTIAN HUFNAGEL

Natürlich ist die Welt immer noch eine der Männer. Das Instrument der Quotierung hat da nicht ausgereicht, um Gleichstellung zu erreichen. Nicht zuletzt deshalb scheinen immer noch Schutzräume nötig, in denen frau mal ganz unter sich sein kann, frei von männlicher Beeinflussung. Das begründet wohl die nach wie vor vielen Kreise und Kurse im Landkreis, die einzig Frauen vorbehalten sind. Aus gutem Grund, wenn es sich um den Brucker Frauennotruf und sein Programm handelt, das Frauen in Notlagen helfen will. Referentinnen klären da über Problemfelder wie Scheidung und gewaltfreie Kommunikation auf.

Salopp nennen die Veranstalterinnen dieses Hardware-Aufklärungspaket "Weiberkram-Themen", was unvermittelt in weichere Angelegenheiten überführt. So scheint die Gesundheit nicht ein neutrales allgemeingültiges Gut, das jeder Mensch für sich schützen sollte. Dieser stets erstrebenswerte Zustand ist offenbar der Rollenteilung unterworfen. Laut dem Weiberkram-Programm gibt es nämlich eine "Frauengesundheit", die ihre speziellen Geheimnisse hat. Deren Enträtselung obliegt an einem Abend einer Frauenärztin, die zudem Homöopathin und Trophotrainerin ist. Mit diesem ganzheitlichen Blick kann sie deshalb den Vortragsbesucherinnen die zentrale Frage beantworten: "Was braucht man dazu?" Also zur Frauengesundheit.

Mit ähnlich hübschen Komposita werden auch andere Veranstaltungen beworben, die das Zielpublikum nach dem Prinzip der Geschlechtertrennung umgarnen. Die Freie Evangelische Gemeinde in Bruck etwa lädt regelmäßig zu einem Frühstück ein, das im Namen nun nicht die Art des gemeinsamen Verzehrs wie der Weißwurst verrät, sondern schlicht die Sorte von Teilnehmern. Es ist also ein "Frauenfrühstück", welches jeden letzten Mittwoch im Monat stattfindet und dabei als "klein" gekennzeichnet wird. Im Gegensatz zum "großen Frauenfrühstück", das unregelmäßig an Samstagen ausgetragen wird.

Und die Männer? Die stecken auf dem Gebiet der Selbsthilfe im Landkreis noch in den Anfängen. Einzig auffällige Erscheinung ist der "Brucker Männerkreis", der sich im evangelischen Gemeindezentrum natürlich nicht mit einer derart soften Thematik wie der Gesundheit beschäftigt. Beim vermeintlich starken Geschlecht geht es handfest zu: "Der Mann am Grill - so wird Fleisch richtig gegrillt." Zweifelsohne ein Abend zur männlichen Selbstfindung.

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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