Mitten in Fürstenfeldbruck:Gefährlicher Gegenstand

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Über eine unbotmäßige Zugangsverweigerung ins Amtsgericht

Von anna landefeld-haamann

Es gibt Tage, da möchte man einfach nur pflichtbewusst seinem Beruf nachgehen und dann wird man von einem noch pflichtbewussteren Staatsbeamten daran gehindert. So geschehen kürzlich, als man die Schwelle des Brucker Amtsgerichts überschritt und zur routinemäßigen Sicherheitskontrolle gebeten wurde: Taschenkontrolle, Leibesvisitation. Solch strengen Vorkehrungen sind natürlich notwendig, seit im Amtsgericht Dachau ein Angeklagter den Staatsanwalt erschoss. So werden gefährliche Gegenstände wie Messer, Scheren, Nagelfeilen, Pfefferspray im Foyer der Gerichte einkassiert.

Neu ist, dass an der Pforte des Brucker Amtsgerichts nun offenbar auch Journalisten ohne Presseausweis auf der Liste der gefährlichen Gegenstände stehen. Schließlich wurde einem nach der Sicherheitskontrolle der Einlass ins Gericht versagt - zu einer öffentlichen Verhandlung. Grund: Es fehlte der Journalistenausweis. Denn anders als Staatsbedienstete haben nicht alle Journalisten einen Ausweis, der übrigens nichts über ihre Berufszugehörigkeit aussagt, sondern lediglich die Mitgliedschaft in einem Verband oder der Gewerkschaft bestätigt und ansonsten meist lediglich zum Abstauben von Presserabatten benötigt wird. All das beeindruckte den Türhüter wenig und so wollte er im Handstreich Paragraf 169 des Gerichtsverfassungsgesetztes außer Kraft setzen. In diesem traditionsreichen Paragrafen hat die weise deutsche Legislative nämlich eine der zentralen Prozessmaximen des Strafrechts festgehalten: den Öffentlichkeitsgrundsatz.

Hartnäckige Juristen wie Anselm von Feuerbach, seiner Zeit Begründer einer Strafrechtslehre im Sinne der Aufklärung, haben lange für dessen Einführung gekämpft. Seither steht es der Öffentlichkeit - also jedem - frei, im Sitzungssaal zu sitzen und zu zuhören. Dabei ist die Frage nach dem Beweggrund völlig egal - ob nun aus unmittelbarer Betroffenheit, spleenigem Zeitvertreib oder eben weil er einer noch größeren Öffentlichkeit über ein Gerichtsverfahren berichten möchte. Gut nur, dass sich nach einem Anruf aus der Redaktion in den tiefen des Gebäudes ein Verantwortlicher fand, dem dieser Grundsatz geläufig ist. Und so wurde man schließlich vom Amtsgerichtsdirektor höchst persönlich durch die Kontrolle eskortiert.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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