Mitten in Fürstenfeldbruck:Falsche Einstufung

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Den Stadtrat plagt ein buchstäblich zentrales Anliegen

Kolumne von STEFAN SALGER

Beim Schafkopfen sind keine zwei Meinungen möglich: Der Ober sticht den Unter, so sicher wie man ohne Stich schneider-schwarz ist und die CSU in Bayern bei ihren Solos die Farbe ansagt. Ein interessanter Feldversuch wäre es, wenn man beim nächsten Turnier an dieser Gewissheit rütteln würde - beispielsweise unter Berufung auf ein anderes Kartenspiel: Legt man beim Neunerln eben jene Karte mit der Neun raus, dann darf man sich bekanntlich was wünschen. Also: Neuner rauslegen - ich wünsche mir, hm, dass nicht mehr der Ober den Unter sticht. Oder, noch besser, dass der Unter einfach gleich zum Ober befördert wird, quasi auf Augenhöhe.

Das richtige Leben ist in der Regel kein solches Wunschkonzert. Obwohl: in der Zeit um Weihnachten sollte da schon was gehen. Kleine Kinder, große Wünsche und so. Andreas Lohde, CSU-Fraktionssprecher im Brucker Stadtrat, geht nur mit zwei zugedrückten Augen als Dreikäsehoch durch. Dennoch erfüllt ihm eine große Mehrheit im Stadtrat einen innigen Wunsch. Jener Wunsch hat sich das Mäntelchen eines formalen Antrags umgelegt und lautet so: "Wir möchten gern Oberzentrum werden." Die Frage ist ja durchaus erlaubt: Warum sieht die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms, mit der sich der Stadtrat gerade beschäftigt, eine Beförderung Erdings und Freisings zu Oberzentren vor, während das schöne und aufstrebende Fürstenfeldbruck ebenso wie der Dachauer Nachbar als Mittelzentrum auf der Stelle treten? Stadtbaurat Martin Kornacher fällt da auf die Schnelle eine bekannte Volksweisheit ein (die Größe allein ist nicht alles). Außerdem vermutet er, dass die tolle Verkehrsanbindung von Freising und Erding eine Rolle spielen könnte (obwohl doch auch Bruck im Nordosten über eine Jumbojet-taugliche Landebahn verfügt).

Mit fünf Gegenstimmen wird der Lohde-Antrag beschlossen. Das Christkind ignoriert ein paar Tage später, an Heiligabend, diesen hübschen Wunschzettel. Jetzt ruhen alle Hoffnungen auf dem Nürnberger Kind der Christsozialen, dessen Sternstunde noch bevorsteht. Denn auf dieser Welt ist der für Landesentwicklung zuständigen Heimatminister im Rahmen des Landesentwicklungsplans fürs Wünscherfüllen zuständig. Das ist bekanntlich ein mittelfränkischer Unter, aus dem bei der nächsten Landtags-Krönungsmesse der bayerische Eichel-Ober werden soll. Vielleicht könnte sich Fürstenfeldbruck ja im Windschatten des Ministerpräsidenten in spe, Markus Söder, gleich mitbefördern lassen.

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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