Mitten in Fürstenfeldbruck:Erfolgsrezept für Kardinäle

Lesezeit: 1 min

Mit einer revolutionären Strategie zerschlägt der Stadtrat den Viehmarkt-Knoten. Vielleicht weist ja jemand dem Vatikan beim nächsten Konklave diesen "Brucker Weg"

Von Stefan Salger

Bruck ist eine schöne Stadt. Alte Häuser, Klosterkirche, Viehmarktplatz. Toll. Aber auch wenn's weh tut: Rom ist toller. Dort gibt's ebenfalls alte Häuser, Vatikan, Petersplatz. Darüber hinaus eine Sixtinische Kapelle. Muss ein neuer Papst gewählt werden, dürfen die Kardinäle so lange nicht aus dieser Kapelle raus, bis sie sich geeinigt haben. Dann erst steigt weißer Rauch auf. Manchmal würde man sich so was für Brucks Stadträte wünschen: erst einigen, dann weißer Rauch, dann Feierabend! Irgendwie würde sich der Berichterstatter aber ins eigene Fleisch schneiden, müsste doch auch er in diesem Fall ausharren bis zum jüngsten Tag.

Am Dienstag ist der jüngste Tag bereits nach dreieinhalb Stunden erreicht. Mit einer revolutionären Strategie ist es dem Fachausschuss gelungen, den gordischen Viehmarktknoten zu durchschlagen. Zuerst wogt die Haushaltsdebatte hin und her und her und hin und irgendwohin. Mancher Stadtrat meldet sich sicherheitshalber mehrere Male zu Wort. Um 21.30 Uhr scheint alles verfahren: Zwar besteht Einigkeit, die Kosten für die Bebauung und Gestaltung des Viehmarktplatzes zu reduzieren und auf die nächsten Jahre zu verschieben. Aber dann geht's los: Die Grünen schlagen eine Kosten-Verteilung vor, dann die SPD eine andere, dann die BBV eine andere, dann die CSU eine andere. Man bezichtigt sich mangelnder Sachkenntnis und Oberlehrertums, echauffiert sich über fehlenden Realismus. Halb aus Erschöpfung wird dann die Sitzung unterbrochen. In kleinen, fraktionsübergreifenden Kungelrunden beugen sich nun Grüne, BBVler, Schwarze und Rote über einen Tisch, bekritzeln Blätter, blicken nachdenklich, melden sich knapp zu Wort. Nach kurzer sachlicher Diskussion gelingt den Zahlenakrobaten in zehn Minuten ein nicht für möglich gehaltenes Wunderwerk. Voilà: Einstimmiger Beschluss. Was war geschehen? Es war wohl, nunja, "eine Gemeinschaftsarbeit". So nennt das die Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler. Das Werk der Gruppe lässt sich als Beleg für konstruktiven Gemeinschaftssinn deuten. Vielleicht sollte jemand den zerstrittenen Kardinälen beim nächsten Konklave in der Sixtinischen Kapelle vom "Brucker Weg" erzählen.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: