Mitten in Fürstenfeldbruck:Einbrecher mit neuer Masche

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Wenn jemand "vor der Tür" steht, heißt man ihn womöglich gerne willkommen. Nur ungebetene Gäste eben nicht

Von Christoph Kaindl

Die Fürstenfeldbrucker Kriminalpolizei klärt über eine besondere Gefahrenquelle auf: "Einbrecher vor der Tür? Was tun?" So heißt die Veranstaltung des Brucker Forums am Donnerstag. Warum wird dabei wohl die Tür so stark betont? Geht es gar nicht um normale Einbrecher? Hat sich vielleicht ein ganz andersartiger Zweig des Verbrechens entwickelt? Beim klassischen Einbrecher weiß man, was man hat: Zuverlässig schleicht er sich maskiert im Dunklen an Häuser heran, verschafft sich gewaltsam Eintritt und stiehlt dann das kostbare Silberbesteck.

Beim "Einbrecher vor der Tür" tauchen schockierende neue Vorstellungen auf: Um Mittag steht der Verbrecher vor der Tür. Er klingelt und sagt dann Bescheid: "Ich bin's. Ihr Einbrecher." Denkbar ist, dass der Hausbesitzer durch die Schockbotschaft gezielt außer Gefecht gesetzt werden soll. Auf den Einsatz von Gewalt könnte auf diese Weise verzichtet werden. Ist das ein raffinierter Versuch, das mögliche Strafmaß zu reduzieren? Der neue Einbrecher könnte indes auch rhetorisch hochbegabt sein. Wie ein Vertreter steht er "vor der Tür" und überredet die Hausbesitzer, ihm ihr Eigentum zu überlassen: "Grüß Gott. Wollten Sie nicht schon immer das hässliche alte Silberbesteck/Gemälde/Goldarmband Ihrer Frau/Ihres Mannes loswerden? Als diplomierter Einbrecher helfe ich Ihnen dabei. Kostenlos, zuverlässig und ohne einen Verdacht auf Sie zu lenken."

Außerdem stellt sich die Frage, warum der Einbrecher gerade "vor der Tür" steht. Könnte er nicht auch im Garten sein? Oder vor dem Fenster? Oder allgemein vor dem Haus, auf der Straße? Man muss sich also genauer mit dem Begriff der Tür auseinandersetzen, ja vielleicht verweist der Titel sogar auf eine philosophische Ebene? Die Tür ist stabil und undurchsichtig, sie verwehrt den Weg. Man denke an das Türmotiv in Kafkas "Verwandlung". Gregor Samsa wird unter anderem durch eine verschlossene Tür von seiner Familie getrennt. Zusätzlich trennt die Tür die Innen- von der Außenwelt. Vielleicht lässt sich dies psychologisch auf die Einbrecher übertragen? Damit leidet ein Einbrecher vor der Tür an einer Störung des Verhältnisses zwischen seinen inneren Bedürfnissen und den anderen Menschen. "Einbrecher vor der Tür. Was tun?" Vielleicht ist das einfach nur ein Hilferuf.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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