Mitten in Fürstenfeldbruck:Ein Herz für Fahrräder

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Wie man ein Fahrrad verlieren kann, ist schwer vorzustellen. Doch es passiert jeden Tag

Von Florian J. Haamann

Der Schlüsselbund ist wahrscheinlich der am häufigsten verlegte Gegenstand der Deutschen. Und die gemeinsame Suche danach, inklusive Beschuldigung des Partners, der ganz sicher die Schuld am Verschwinden des Tür- oder Autoöffners trägt, der häufigste Scheidungsgrund neben dem Seitensprung. Der gilt im Gegensatz zum verlegten Schlüssel jedoch als Lappalie und wird wesentlich leichter verziehen. Wie sich alles in Deutschland statistisch belegen lässt, so natürlich auch, dass der Schlüssel des Deutschen häufigster Verlust ist. Die Kollegen von Spiegel-Online haben im vergangenen Dezember die gemeinsame Datenbank von 500 deutschen Fundbüros ausgewertet, auf der Bürger nach ihren verlorenen Gegenständen suchen können. Und siehe da, Spitzenreiter unter den großen Posten waren tatsächlich Schlüssel mit genau 14 984 Einträgen.

Am besten passen die Deutschen übrigens auf ihre Handys auf, mit 6810 Exemplaren sind sie das Schlusslicht. Mehr als 30 000 Gegenstände, darunter auch ein Schaf in Bonn und sogar eine Kornnatter in Fürstenfeldbruck, werden in der Kategorie "Sonstiges" zusammengefasst. Bei den Großposten auf den zweiten Platz haben es übrigens die Fahrräder geschafft, etwa 12 000 davon warten in den Fundbüros auf ihre Besitzer. Ein eher überraschender Befund, ist es doch wirklich eine Kunst, ein Fahrrad zu verlieren. Wie, überlegt man sich, kann so etwas passieren. Schließlich scheint es doch fast unmöglich, dass so viele Menschen mit ihrem Fahrrad von A nach B fahren, dort vergessen, dass ihr Drahtesel vor der Tür steht, und dann zu Fuß den Heimweg antreten. Aus welchen Gründen so etwas passiert, das kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Dass es aber oft vorkommt, das verrät ein Blick in die sozialen Netzwerke. In den Facebook-Gruppen mehrerer Landkreisgemeinden fanden sich alleine in den letzten Tagen mehrere Fotos von verwaisten Fahrrädern. So steht in Emmering seit fast einer Woche ein einsames Gefährt vor einem Mehrfamilienhaus, sauber geparkt auf dem Gehweg. Und in Olching wurden am Wochenende sogar gleich zwei Räder gefunden, ein Damenrad in der Amper und ein Rad mit Kindersitz vor einem Maisfeld. Wenn man die metallenen Gefährten da so stehen sieht, zwischen all den gefundenen und verlorenen Hunden, Katzen und Vögeln, entwickelt man ganz schnell echtes Mitgefühl mit diesen treuen, stets verlässlichen Begleitern und kann nur hoffen, dass ihre Besitzer genauso verzweifelt nach ihnen suchen, wie die vielen erst unaufmerksamen und nun besorgten Haustierhalter.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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