Mitten in Fürstenfeldbruck:Die vergessene Abstimmung

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Im Stadtrat offenbaren sich die Fallstricke der Demokratie

Kolumne von Stefan Salger

Demokratie ist eine super Sache. Das zeigt sich regelmäßig in der Kommunalpolitik. Nah am Bürger werden in seinem Sinne wegweisende Beschlüsse gefasst. Wenn Politiker aber nicht aufpassen wie der sprichwörtliche Heftelmacher, dann kann man schnell über die Fallstricke der Demokratie stolpern.

So wie letztens im Brucker Stadtrat. Das 40-köpfige Gremium will die Weichen stellen dafür, dass sich einzelne Mitglieder im Bedarfsfall online von zu Hause zu Stadtratssitzungen zuschalten können. Die Bedingungen für solche "Hybridsitzungen" freilich sind strittig. Einige Fraktionen wollen kaum Auflagen machen, um auch ganz spontan Alleinerziehenden, Erkrankten oder Leuten auf Dienstreise die Teilnahme aus der Ferne zu ermöglichen. Irgendwann wird klar, dass es wichtig ist, so etwas vorher im Rathaus anzumelden. Denn in solchen Fällen werden Technik und Personal von einer privaten Firma zur Verfügung gestellt - und die braucht etwas Vorlauf. Ob hierfür ein, drei oder fünf Tage anzusetzen sind, ist umstritten. Als kaum mehrheitsfähig erscheint der Vorschlag der CSU, die das Zuschalten per Video auf "besondere Lagen" wie Pandemie oder Hochwasser beschränken möchte.

Die Debatte wogt hin und her. Keine der Varianten für eine Voranmeldung bei der Stadtverwaltung bringt die für die Änderung der Geschäftsordnung erforderliche Zweidrittelmehrheit. OB Erich Raff ruft also den nächsten Tagesordnungspunkt auf. Oha, Moment mal! CSU-Fraktionschef Andreas Lohde reklamiert, dass man es versäumt habe, auch noch über die CSU-Variante abzustimmen - und damit versehentlich die Hybridsitzungen gleich ganz zu Grabe getragen hat. Verflixte Demokratie!

Nun gibt es in der Sache doch noch ein Hintertürchen: Die Abstimmung über die CSU-Variante soll in der nächsten Stadtratssitzung nachgeholt werden. Mangels Alternative werden die Herzen wohl den Christsozialen zufliegen und die Zweidrittelmehrheit für den kleinsten gemeinsamen Nenner dürfte gesichert sein. Da bedarf es gar keiner Überzeugungsarbeit mehr. Demokratie kann so einfach sein.

© SZ vom 03.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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