Mitten in Fürstenfeldbruck:Der CSU-Chef und das O-Wort

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Manchmal scheint es ganz einfach zu sein, ein anderes Wort für den Begriff Deckelung zu finden.

Kolumne von STEFAN SALGER

Manche Begriffe brennen sich durch die Verknüpfung mit historischen Begebenheiten ins Gehirn ein und werden zu Reizwörtern. Bei "Ich bin ein Berliner" denkt man an Kennedy. "Die Mauer" assoziiert man mit der deutsch-deutschen Grenze. Fällt der Begriff "Deichenstegtrasse", sieht man diesen grünen Park und erinnert sich an die geplante Verlegung der B 2, die am Bürgerentscheid scheiterte. Beim Begriff "Winterurlauber" denkt man an (andere!) Skifahrer, die Steilhänge herunterwedeln, aber auch an Landrat Thomas Karmasin, der mal Asylbewerber aus den Balkanstaaten so tituliert hat. Manchmal haben Reizwörter ihren Reiz: So muss sich der Autor dieser Zeilen seit 2001 keine Sorgen mehr machen, dass die Freunde seinen Geburtstag vergessen. Der 11.9. hat sich zu tief in die Köpfe eingebrannt.

Letztens im Brucker Stadtrat fällt mal wieder ein Reizwort. Dabei wird weder über Nine Eleven noch über Deichensteg debattiert, sondern übers Sportzentrum III im Westen der Stadt. Vor allem an den ins Kraut schießenden Kosten arbeiten sich einige Politiker ab. Erstmals nennt TuS-Präsident Helmut Becker dann das O-Wort, das er im Sinne einer Deckelung in die Debatte einbringt. Auch Sportfunktionär Herbert Thoma nimmt das O-Wort in den Mund - ohne böse Absicht. Herwig Bahner kann das O-Wort ebenfalls bedenkenlos verwenden, ist er jüngst doch nicht zuletzt aus Protest gegen dessen Urheber von der CSU zur FDP gewechselt.

CSU-Fraktionsvorsitzender Andreas Lohde aber geht's nass rein. Er kommt aus dem Parteiboot so schnell nicht raus, in dem er hinter dem Ministerpräsidenten sitzt. Horst Seehofer hat das O-Wort ebenso inflationär wie erfolglos verwendet und es mit "200 000 Flüchtlinge pro Jahr" definiert. Lohde will etwas fürs Sportzentrum definieren. Also, was sind die von ihm vorgeschlagenen zehn Millionen? Richtig: eine Obergrenze. Da ist es, das O-Wort. Ein Reizwort, das nun mal mit vollmundigen, leeren Versprechungen assoziiert wird. Lohde verheddert sich kurz, bevor er die begriffliche Untiefe umschifft. Er wolle "die Obergrenze, ... äh ... ich nehme jetzt ein anderes Wort: einen Maximalbetrag!"

Mal sehen, ob sich auch für andere Reizwörter Synonyme finden lassen. Wir denken da jetzt an den Zankapfel der Straßenausbaubeitragssatzung.

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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