Mitten in Fürstenfeldbruck:Den Bogen überspannt

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Von wahrer Augenbrauen-Schönheit wie bei Theo Waigel

Von anna landefeld-haamann

Schönheit, sagt man so gerne, liegt im Auge des Betrachters. Dabei wird gerne vergessen, dass es überwiegend das Unschöne ist, das tagtäglich auf des Betrachters Auge einströmt. Da reicht schon ein kurzer Mittagsspaziergang durch die Brucker Hauptstraße. Zu enge Leggings , leider von zu knappen Daunenjacken nicht verdeckt, herausgewachsene Blondierungen, leider von nicht vorhandenen Grobstrickmützen nicht versteckt. Wendet man den Blick verzweifelt von den Menschen ab, trifft er sogleich auf verwitternde Taubennetze und das Highlight der Brucker Architektur, die Sparkasse mit ihrer grauen Betonfassade, die vom rostgrünen Mäander nur leidlich verborgen wird. Vielleicht hilft, denkt man sich da, nur die Flucht in einen Tempel der Ästhetik - in einen Friseursalon. Keinen dieser Neun-Euro-Läden natürlich, sondern in einen echten Innungsbetrieb. Dort kann man zumindest sich selbst für die Augen der anderen ordentlich aufbereiten lassen.

Doch ach, selbst hier ist man in diesem Frühjahr nicht vor einer bösen Überraschung gefeit. Denn im November läutete eine große amerikanische Kosmetikfirma die Saison der "Bling Brow" ein. Mit Spezialkleber wird dabei Glitzerstaub wahlweise auf, unter und/oder über den Augenbrauen verteilt. Für die Elstern unter den Damen darf es da auch gerne mal die Edel-Variante aus dem Hause Swarovski sein. Nun ist ein halbes Jahr in der Beauty-Szene eine lange Zeit und es bestand zumindest die Hoffnung, dass diese Idee, zusammen mit vielen anderen, im Kosmetik-Orkus versinken würde. Doch nicht mit der Brucker Friseurinnung! Sie hat bei ihrer Frühjahrs-Trend-Präsentation die "Bling Brows" zu einem der Must-haves der kommenden Monate erklärt. Dabei hätte doch ein kurzer Blick in die Annalen der Augenbrauen-Kosmetik gereicht, um zu erkennen, dass jeglicher Eingriff in diesem Bereich nur schiefgehen kann. Man denke nur an die überzupften Marlene-Dietrich-Gedächtnis-Bögen oder Tattoo-Brauen à la Daniela Katzenberger.

Denn wahre Augenbrauen-Schönheit gibt es nur da, wo der Natur freien Lauf gelassen wird - siehe Theo Waigel, Frida Kahlo oder Bert aus der Sesamstraße. Zumindest in diesem Punkt, das wäre ein Vorschlag für die kommende Saison, sollte man der Weisheit des Griechen Thukydides folgen, der, glaubt man den erhaltenen Büsten, seine Brauen trotzdem schmal gezupft trug. Damit in Zukunft die Schönheit wieder im und nicht über dem Auge des Betrachters liegt.

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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