Mitten in Fürstenfeldbruck:Auszug aus dem Osterland

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Auch wenn die Kommerzialisierung des höchsten christlichen Festes unaufhaltsam voranschreitet, dessen Ursprünge und eigentlicher Inhalt bleiben dennoch lebendig

Kolumne von Katharina Knaut

Betritt man an diesen Tagen das Rewe-Center in Olching wirkt alles wie immer. Die ordentlichen Reihen an Flaschen und Tiegeln im Schaufenster der Apotheke. Der Geruch nach gebratenem Fleisch vom nahen Dönerstand. Die lange Schlange vor der vorübergehend verlegten Poststelle. Gemütlich geht man zum Supermarkt, biegt um die Ecke - und ist in Disneyland. Wo man hinsieht: grellbunte Farben, lachende Tiere und viele umherwuselnde Menschen. Links ragen vier Türme hinauf zur Decke, voll bepackt mit Schokolade aller Art. Rechts blühen Blumen jeder Farbe und Form. Bei näherer Betrachtung merkt man: Osterland trifft es besser.

Die Schokolade in den Regalen hat überwiegend die Form von Eiern, manche so groß, dass sie einem Strauß zur Ehre reichen würden. Dazwischen wimmelt es von Küken, Schafen und Hasen. Auch die Blumen haben einen österlichen Einschlag: In vielen Gestecken finden sich Palmkätzchen und Federn, ab und zu auch mal ein Ei. Bewacht wird das Ganze von einer Armee goldener Osterhasen, die, diszipliniert aufgestellt in Reih und Glied, mit strengem Blick auf die Kunden herabschauen, die das Wunderland betreten. Man taumelt weiter, benommen von all den Farben, und landet bei den Regalen mit dem Dekozubehör. Auch hier: Eier, diesmal aus Porzellan, grinsende Hasen, Küken in Nestern. Dann, endlich: die Kleiderabteilung. Nie hätte man gedacht, an etwas Prosaischem wie einem weißen T-Shirt so viel Freude zu finden.

Man blickt zurück in das farbenprächtige Wunderland und stellt fest: So richtig glücklich sieht keiner aus. Die Menschen laufen zwischen den Regalen hin und her, nehmen mal das eine, mal das andere Ei in die Hand, besehen es sich von allen Seiten, stellen es zurück und wenden sich dem nächsten zu. Wo man hinsieht: gerunzelte Stirn, sorgenvoller Blick, ratloser Gesichtsausdruck. Die Masse scheint zu überfordern.

Mit einem wichtigen Fest des Christentums hat das so viel gemein wie der lilafarbene "Knister popping Candy"-Schokohase mit einem lebendigen Kaninchen. Ist das Osterfest im Landkreis nun vollends dem Kommerz verfallen? Ganz so ist es nicht. Denn trotz goldener Hasen und pinker Küken wird die Tradition noch gelebt: Kirchen öffnen die Türen zu Ostergottesdiensten, Pfarrer bieten Emmausgänge an und Vereine laden zu alten Bräuchen wie dem "Oarwoagln", einem Spiel, bei dem Kinder ein Ei zwei Besenstiele hinunterrollen lassen. Es gewinnt, wessen Ei am weitesten kommt. Der Preis: ein Schokoladenosterhase.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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