Mitten in Fürstenfeldbruck:Alt-OB verdrängt Zisterzienser

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Den Weg zum Kloster weisen nun nicht mehr die Zisterzienser, sondern Alt-OB Sepp Kellerer. (Foto: Günther Reger)

Der Streit um Straßenumbenennungen hat offensichtlich einen neuen Höhepunkt erreicht: Ein Schild wurde nun einfach überklebt

Von Stefan Salger

Die Zisterzienser, davon kann man getrost ausgehen, hatten die eine oder andere Leiche im Klosterkeller. Allein schon, dass Mönche und Nonnen irgendwann im tiefsten Mittelalter den asketischen Lebensstil zumindest zeitweise über Bord geworfen hatten, ist ein starkes Stück. Für all die dunklen Flecken in der Vergangenheit bekommen sie nun in Fürstenfeldbruck die Quittung ausgestellt - am lauschigen Zisterzienserweg, der das nördliche Ufer der Amper mit der ehemaligen, im 13. Jahrhundert gegründeten Zisterzienserabtei verbindet. Oder eher: verband.

Unter dichten Baumkronen geht es, vom Stadtzentrum kommend, über eine malerische kleine Brücke. Bevor man den Klettergarten erreicht, steht man nach einer Rechtskurve plötzlich vor diesem Straßenschild, an dem der über Sportplatz und Barockkirche schweifende Blick hängen bleibt. Fassungslosigkeit ergreift den Betrachter - dem sich nach längerem Überlegen aber die Plausibilität erschließt. Wird doch in der Stadt seit Monaten erbittert um braun belastete Namensgeber einiger Straßen gerungen. Sollen Langbehn oder Wernher von Braun aus dem Ortsbild verbannt werden und makellos beleumundete Persönlichkeiten an ihre Stelle treten? Fast hätte man darüber die viel drängendere Sache mit den Schlawinern des Zisterzienserordens aus dem Auge verloren. Ein Austausch des Straßenschilds ist seit Jahrhunderten überfällig (siehe: Leichen im Keller). Ein historisch beschlagener Unbekannter hat sich der Sache angenommen, mag dies auch auf den ersten Blick wie Selbstjustiz anmuten. Mit Hilfe zweier Kabelbinder stellte er sicher, dass man nun Richtung Kloster auf einem nach dem bestens beleumundeten Brucker Alt-OB benannten "Sepp-Kellerer-Weg" wandelt.

Spinnweben belegen, dass seit der Umbenennung bereits ein paar Wochen ins Land gegangen sind. Dass noch kein Mönch sein Veto eingelegt hat, mag daran liegen, dass dem Orden 1803 die Säkularisierung einen Strich durch die Rechnung machte und der letzte Abt damals sein Amt aufgeben musste.

© SZ vom 07.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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