Mitten in Fürstenfeldbruck:Alles dreht sich um die Säule

Lesezeit: 1 min

Eine historische Säule auf einem Kreisel? Was es in München schon lange gibt, wird den Puchern verweigert

Von Stefan Salger

Nicht immer lässt sich Geschichte mit dem Gesetz in Einklang bringen. Das kann die Strahlkraft eines Ortes an der freien Entfaltung hindern. Wir denken da an Puch, das sich aus historischem Blickwinkel auf Augenhöhe mit der Landeshauptstadt befindet. Gut, München ist größer. Dort residierten einst Sonnenkönige wie Franz Josef Strauß. Außerdem kann München mit der Frauenkirche aufwarten, in der eine Marmorgrabplatte an Kaiser Ludwig den Bayern erinnert. Und es gibt Marienplatz sowie Englischen Garten. Puch ist trotzdem viel glorreicher und hat aus royaler Sicht mehr zu bieten. Der Ortsteil von Fürstenfeldbruck kann neben der Sankt-Sebastian-Kirche auf die Edigna-Linde, die Kaisereiche am Kaiseranger und die Parkanlage mit der 1808 errichteten Kaiser-Ludwig-Säule verweisen. Da macht es fassungslos, dass München immer wieder eine Extrawurst bekommt, die Puch dann verwehrt wird. Jüngstes Beispiel: In der Landeshauptstadt darf der Obelisk am Karolinenplatz unbeirrt mitten auf einem Kreisverkehr in den Himmel ragen. Er erinnert an die in Napoleons Russlandfeldzug gefallenen Soldaten der bayerischen Armee. Das Pucher Gegenstück freilich erinnert an einen veritablen Kaiser, der hier auf der Bärenjagd ums Leben kam. Die Inschrift kündet in goldenem Sütterlin: "Hier starb, in den Armen eines Bauerns, vom Tode überrascht, den 11. Oktober 1347, Ludwig der Baier, Königlicher Kaiser". Es trifft sich gut, dass Stadt und Freistaat just zum 669. Todestag planen, die B-2-Kreuzung bei Puch durch einen Kreisverkehr zu ersetzen. Vollkommen klar, dass dieser nach Vorbild des Karolinenplatzes um die Kaisersäule gleich nebenan herumgebaut wird. Bei der Ortsbesichtigung macht Thomas Brückner, Chef des Verkehrsforums, denn auch (mit einem seltsamen Grinsen im Gesicht) den Vorschlag, "das Denkmal doch auf den Kreisel zu setzen". Der Mann von der zuständigen Freisinger Baubehörde denkt kurz nach. Nein, sagt er dann, solche "Hindernisse" seien auf Kreisverkehren nicht zulässig. Geschichte lässt sich nicht mit der Straßenverkehrsordnung vereinbaren. Ach, München, du hast es besser. Das Schlimmste: Die Kaisersäule ein Hindernis? Majestätsbeleidigung von Erdoğan-Dimension.

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: