Mitten in Eichenau:Im Vorraum des Todes

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Vereine und Einrichtungen laden immer häufiger zu Tagen der offenen Tür ein. Jetzt auch eine Aussegnungshalle

Kolumne von Christian Hufnagel

Sie dürfte nicht die schlechteste Erfindung des Menschen gewesen sein. Diese Erkenntnis wird jeder unterschreiben, der nicht möchte, dass jeder Dahergelaufene durch seinen Wohn- und damit durchaus Intimbereich laufen kann. Buchstäblich davon abgehalten wird ein Fremder durch eine Barriere, die etwaiger nachbarschaftlicher Neugierde oder gar noch schlimmeren, weil gar kriminellen Interessen entgegensteht. Dass also die Tür für den persönlichen Schutz und das Empfinden von Sicherheit gewissermaßen eine Bank darstellt, dürfte niemand bestreiten, der einen Raum um sich als seinen eigenen beansprucht. Und dennoch gibt es übers Jahr genügend Leute, die besagte Tür stundenlang sperrangelweit aufreißen, damit jeder, der will, einfach hinein latscht und sich überall umsieht, ohne dass er auch nur irgendwie kontrolliert wird. Dieser sogenannte Tag der offenen Tür wird immer beliebter, was allein ein Blick auf die kommende Woche belegt.

Am Dienstag lässt die Maisacher Realschule ihre Räumlichkeiten von künftigen Kindern und Eltern begutachten. Ein ebensolches Angebot machen fast zur gleichen Stunde auch Kinderhort und Mittagsbetreuung der Germeringer Theresen-Grundschule. Und am Samstag folgt diesem Motto der Montessori-Waldkindergarten, welcher im Forst zwischen Landsberied und Schöngeising zu einem "Tag der offenen Tür" einlädt, gleichwohl es diese im Unterholz vermutlich gar nicht geben wird und der Titel hier eher symbolischer Natur sein dürfte, halten sich die Kleinen ja wirklich im türlosen Freien auf. Dass also pädagogische und soziale Einrichtungen oder auch private Firmen ganz bewusst einen Einblick gewähren, um letztendlich für sich zu werben und Kunden oder Mitglieder zu gewinnen, ist ein marketingtechnisches Allerweltsmittel. Gänzlich aus der Reihe fällt hingegen das Angebot, das Eichenaus Bürgermeister an diesem Samstag offeriert, nämlich einen "Tag der offenen Tür in der Aussegnungshalle" zu erleben. Der Raum ist saniert worden und nun laut Rathauschef als "Visitenkarte der Gemeinde" kennen zu lernen.

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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